Volltext: Die Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshof

IV.Zum Prüfungsumfang und zur Kontrolldichte im verfassungsgerichtlichen 
Verfahren 1.Problemaufriss und Problemabschichtung a)Funktionsadäquate Kontrollteilung zwischen sog. Fachgerichts - barkeit und Verfassungsgerichtsbarkeit beim Grundrechtsschutz Zu den Kernproblemen einer Verfassungsgerichtsbarkeit mit ausgepräg- ter Grundrechtsschutzfunktion zählt die (funktionell-rechtliche) Auf ga - benabgrenzung gegenüber der sog. Fachgerichtsbarkeit.735Auch die sog. Fachgerichte,736also die Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichte, sind im Rahmen ihrer Zuständigkeiten nämlich «kleine Verfassungsgerichte».737 Der Vorrang der Verfassung und die Ausstrahlungswirkung der Grund - rechte in alle Bereiche des Rechts738bewirkt eine umfassende Konsti tu - tio nalisierung der Rechtsordnung. Die Zugehörigkeit der Judikative zu den grundrechtsverpflichteten Staatsgewalten bedeutet, dass die Ge - richte in ihrer Tätigkeit die gesamte Rechtsordnung auf die Verfassung hin auszurichten und an ihr zu messen haben. Verletzt eine letztinstanz- liche Gerichtsentscheidung jemanden in einem verfassungsmässig ge- währleisteten Recht, so kann er Verfassungsbeschwerde zum Staats ge - richtshof erheben. Das hat der Staatsgerichtshof im Übrigen schon in einer seiner ersten Entscheidungen klargestellt.739Allerdings ist der Staats gerichtshof – und sind die Verfassungsgerichte ganz allgemein – 166 
735Dieser Konflikt zeigt sich im Übrigen auch in der jüngsten Phase der Expansion der Verfassungsgerichtsbarkeit in Mittel- und Osteuropa. Ein besonders dramatischer Konflikt zwischen dem Obersten Zivilgericht und dem Verfassungsgericht lässt sich etwa für Albanien nachweisen. 736Schroff ablehnend gegenüber diesem Begriff jüngst Peter Häberle, Diskussions bei - trag, VVDStRL 61 (2002), 185 ff. (185), wo er sich «zugunsten einer erbarmungslo- sen Verabschiedung des unseligen Terminus ‹Fachgerichte›» äussert. 737Diesen Begriff von Robert Alexy greift Peter Häberle, aaO, S. 186, auf. 738Der «Urknall», der den entsprechenden Konstitutionalisierungsschub auslöste, ist für Deutschland das berühmte Lüth-Urteil (BVerfGE 7, 198 ff.); siehe hierzu Robert Alexy, Verfassungsrecht und einfaches Recht – Verfassungsgerichtsbarkeit und Fachgerichtsbarkeit, VVDStRL 61 (2002), 7 (9). 739Siehe StGH-Entscheidung vom 2. Dezember 1931, in: Entscheidungen des fürst- lich-liechtensteinischen Staatsgerichtshofes 1931, S. 39 (42); vgl. hierzu auch Wolf - ram Höfling, Die liechtensteinische Grundrechtsordnung, S. 74 f.
	        

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