Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

wie oft sollte damit gesagt sein, dass wir ja klein, unverdächtig und des- halb unschuldig sind? Dieser Mythos vom Kleinstaat, die Identität als Kleinstaat wird Liech tenstein früher oder später zu revidieren haben, denn das Image des herzigen harmlosen Kleinstaates ist schon dahin. Die Wirtschafts - kraft ist grösser als die eines putzigen Zwerges. Das hat das Ausland be- reits bemerkt. Liechtenstein ist wirtschaftlich gesehen gar kein so kleines Land, je- denfalls ist es wirtschaftlich grösser als geographisch. Dies trifft auch auf die Kommunikation zu. Liechtenstein hat kommunikativ gesehen viel grössere Möglichkeiten als z.B. eine Kleinstadt von 32000 Einwohnern. Die Identität Liechtensteins ist eine andere als zum Beispiel diejenige Appenzells, weil Liechtenstein bei den Vereinten Nationen mit kommu- nizieren kann. Liechtensteins Identität ist auch eine andere als diejenige der rund 30000 Kinder die täglich ohne Fürsprecher verhungern. Daraus ist ersichtlich, dass natürlich auch die Effizienz der Kommuni ka - tion von Bedeutung ist. Man muss existieren (für die andern), sich Gehör verschaffen können, im Bild bleiben, um überhaupt eine Identität haben zu können. Man hat immer wieder argumentiert, dass die Sprache ein Element der Identität sei, obwohl die Fragwürdigkeit dieses Arguments offen- sichtlich ist. Nur weil wir Deutsch sprechen, sind wir noch keine Deutschen. Nicht alle Englischsprechenden sind Engländer. Sprache er- klärt Identität nur ungenügend. Natürlich kann man sich über eine Sprache mit der Identität einer Gesellschaft vertraut machen. Dabei kommt die Identität weniger im Vokabular und in der Grammatik als im Gebrauch der Sprache zutage. Der Gebrauch, der Umgang mit dem Englischen kann einiges über die Identität und Kultur zum Beispiel der Amerikaner aussagen. Es wären also wiederum besser Kommunikationsformen oder -prozesse als Iden - ti täts merkmale zu untersuchen, anstatt allzu allgemein die Sprache. An der Sprache wird oft der Untergang einer Kultur diagnostiziert. Durchaus Ernst zu nehmende Kulturkritiker betrachten immer wieder ängstlich die ständige Zunahme von Fremdwörtern in der eigenen Sprache. Es ist aber nicht die andere Sprache, notabene das Amerikani - sche, das z.B. die deutsche Sprache bedrängt und damit die deutschspra- chige Identität in Frage stellt. Die Identität, die aus der Sprache gewon- nen wird, steckt nicht in einzelnen Vokabeln, sondern darin, was man 145 
Wovon wir reden, wenn wir von Identität reden
	        

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