Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

berühmten Spiessrutenlaufen bei der Urne, was bis jetz för viile noch nötig gse ischt, jetzt zum Glück nurmehr för immer weniger i Betracht kunnt, dia trotzdem, dia net weged dem, dena ischt nüt bleba, dia hen kan Schada davoo treet.»5Haben wir es mit nachlässigem Sprach ge - brauch zu tun, wenn von Demokratie die Rede ist und der freie Markt ge meint ist? Während für andere bereits die Verwendung des Begriffes «Demokratie» einen Regelverstoss 
bedeutet? Identisches Sprechen Szenenwechsel: Obwohl in Liechtenstein geboren und aufgewachsen, sprach ich bis in mein 18. Lebensjahr hinein ausschliesslich Mutter spra - che. Die am Alemannischen abgewetzte Sprache der Mutter. Und die kam ursprünglich aus Hamburg. Muttersprache ist häufig Vatersprache. Ich sprach Muttersprache im wahrsten Sinne des Wortes. Auch mit dem Vater. Was die Grossmutter, die Nana, verärgerte. Mit Menschen, die mir sehr nahe sind, spreche ich in der Regel immer noch jene Sprache, die aus der Zeit vor meinem 18. Le bens jahr stammt. In der Fremde, an der Universität, sprach ich eben falls meine Muttersprache. Einige meiner Kommilitonen waren denn auch der Meinung, meine Muttersprache, dieses alemannisierte Hoch deutsch, mit seinem Singsang, hervorgerufen durch die Erstsilben - be tonung, dem «bischt» und dem «hascht», dem «schon?» und dem «denk!», dieser Mischmasch also sei die Sprache meiner Heimat. Ich liess sie in dem Glauben. Sollten sie «verschrecken», sollten sie jemals Liech - ten stein besuchen. Der Wunsch, mich immer wieder ins Land einzumischen, in Volkes Mäuler zu blicken, Dialektbilder auf Bühnen zu bringen und in Bücher, in Mundart zu schreiben und im Ausland in Mundart zu lesen, stammt vielleicht aus jener Zeit, als mir bewusst gemacht wurde, dass ich anders war als die andern. Kreativität als Mittel einer Vergangenheits be wäl ti - gung? Ein Minderwertigkeitsgefühl als Schreibantrieb? Ich selber hatte nie das Gefühl, anders zu sein. Es wurde mir erst mit zunehmendem 107 
Über die Verluderung von Sprache und Identität 5Radio L, «Rampenlicht», 16.2.1997
	        

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