Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

anpassungsfähig zwar, aber niemals unbedeutend. Denn wenn auch die Welt das Land nicht kümmert, so sind doch die Liechtensteiner Bür ger - in nen und Bürger alle in ihrer Weltvorstellung bedeutsam – und zudem gibt es ja nicht so viele von ihnen – und das macht jede und jeden zu einer Rarität. Dürrenmatts Schönbächler verweist zwar in seiner Theorie über den Grössenwahn darauf, dass eine Maus unter wenigen Mäusen sich immer noch für eine Maus hält – eine Maus unter vielen Mäusen sich mit unter aber für eine Katze halte. Hält sich ein/e Liechtensteiner/in für nichts mehr als eine/n Liechtensteiner/in? Das Verhältnis von Mäuse - anzahl und dem von dieser erzeugten Grössenwahn liegt in Liechten - stein umgekehrt proportional. Steigt die Zahl, so würden die Liechten - stei nerinnen und Liechtensteiner zu einer unbedeutenden Grösse an- wachsen. Also liegt ihnen daran, ihre Zahl möglichst gering zu halten, damit die Wunschvorstellung von der Bedeutsamkeit und Grösse im Ver hältnis zur Kleinheit nicht ins Wanken gerät. Der Kampf gegen Liechtensteins Bedeutungslosigkeit wird natür- lich auch belohnt. Jeder Akt eines/r Liechtensteiner/in kann binnen kur- zer Zeit von staatstragender Bedeutung sein. Wer einen Pingpong schlä - ger besitzt, spielt im Kader, wer eine Rede hält, kommt in die Landeszei - tun gen, wer genug Verwandte hat, kommt in den Landtag – jede und jeder hat die Chance aus dem Nichts ins Rampenlicht der liechtensteini- schen Öffentlichkeit zu gelangen. Gerade wegen der Kleinheit des Landes halten sich einige für be- deutender, als sie es in Wirklichkeit sind. Die Bedeutung der Einzelnen verbindet sich mit einer entsprechenden Selbstdarstellung. Darum ist es wichtig, das grössere und schönere Auto als der Nachbar zu fahren, egal wie viel es kosten mag. Für Menschen von Rang und Namen ist schliess - lich nur das Beste gut genug. In einem dicht besiedelten Land, in dem Land und Leute über- schaubar klein sind, ist es wichtig zu besitzen und das Eigene sichtbar zu pflegen. Es ist auch eine Eigenheit Liechtensteins, auch dann auf das Eigene zu pochen, wenn Zusammenarbeit viel sinnvoller wäre. Für viele im Land ist der Traum vom eigenen Land zwar ausge- träumt – in einem Miniaturstaat bleiben Besitz und Eigentum aber von Bedeutung, obwohl immer weniger mitmachen können. Die minimale Baufläche wird immer wertvoller, kreativer Freiraum schwindet. Ist das kein 
Verhältnisblödsinn?103 
Liechtenstein – Illusionen und Desillusionen
	        

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