Volltext: Beiträge zur liechtensteinischen Identität

Liechtenstein – Illusionen und 
Desillusionen Wider die Bedeutungslosigkeit Barbara Ospelt-Geiger Die Gefahr einem Verhältnisblödsinn zu erliegen, wächst mit der Grösse einer Nation. Ein Liechtensteiner, eine Liechtensteinerin unterliege dem - zu folge nicht so leicht dem Grössenwahn. Er/sie halte sich nicht für ein höheres Wesen allein nur deswegen, weil er/sie Liechtensteiner/in sei. Dies meint jedenfalls der «potentielle Schriftsteller» und selbster- nannte Liechtensteiner namens Schönbächler in Friedrich Dürrenmatts Roman «Justiz». Liechtensteiner/innen seien – abgesehen von ein paar finanziellen Ka va liers delikten – an der gegenwärtigen Weltlage relativ schuldlos. Liech ten steiner/in sein stelle zwar nicht viel dar, aber man brauche sich wenigstens nicht zu schämen. So weit Dürrenmatt, bzw. Schönbächler. Eine Betrachtungsweise, die von aussen gesehen Sinn zu machen scheint. So wären die Liechtensteiner und Liechtensteinerinnen also Men schen von bescheidener und stets angemessener Wesensart, der Klein heit und Unwichtigkeit ihres Landes bewusst. Doch gerade aus die sem Bewusstsein entsteht der Wille zum Kampf gegen die Bedeu - tungs losigkeit. Es ist das leise und gequälte Lächeln, wenn Liechtenstein in den Me dien verbraten wird, das Abspulen zurechtgelegter Sätze, wenn Liech ten stein im Ausland für Luxemburg gehalten wird. Wo auch im- mer Liechtensteiner/innen sind, ob an der Generalversammlung der Verein ten Nationen, am Strand von Bibione, an Fussballländerspielen, lautet der insgeheime Auftrag, der Welt das Land zu zeigen und ihm Be - deu tung zu verleihen. Denn im Grunde geht es nur um die Erhaltung der Illusion, dass Liechtenstein in dieser Welt gebraucht wird; und wenn auch nur für eine billige Spiegel-Reportage. Was Schönbächler aus Dürrenmatts Roman am Liechtensteiner/in sein reizt, ist gleichzeitig des/r Liechtensteiners/in Angst, nämlich un be - deutend und nichtssagend zu sein. Unauffällig, vorbildlich, fleissig und 102
	        

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