Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

lisieren.88Dazu kommt, dass eine Ausweitung der Verfassungs gerichts - barkeit auch auf die Auslegung der Verfassung vonnöten war, wenn ihr Inhalt oder Sinn zwischen Regierung (Fürst) und Landtag, den «gesetz- gebenden Faktoren»89, streitig ist. Denn solche «obersten Verfassungs - strei tigkeiten» sind von staatsrechtlicher Tragweite und können an die Grundlagen des Staates rühren.90Sie können nur durch eine neutrale, «ausschliesslich auf das Recht der Verfassung verpflichtete Instanz»91, wie es die Institution des Staatsgerichtshofes sein kann, mit Wirkung ge- genüber allen (erga omnes) entschieden werden.92 Eine andere Ansicht vertrat vier Jahre später Otto Ludwig Marxer in seiner Innsbrucker Dissertation,93indem er vor allem die demokrati- sche Komponente des liechtensteinischen Verfassungssystems betonte.94 Er greift auch das Problem des Verhältnisses bzw. der Grenzziehung zwischen einem Verfassungsgericht (hier: des Staatsgerichtshofes) und dem Gesetzgeber auf – ein Thema, das bis heute noch nichts an Aktua - li tät eingebüsst hat.95 Die Überlegungen von Otto Ludwig Marxer gehen dahin, dass Art. 112 der Verfassung 1921 dem Staatsgerichtshof eine ganz «eigen - tüm liche Competenz» übertrage. Hier sei dem Staatsgerichtshof eine Auf gabe überwiesen, die eigentlich über den «natürlichen Kreis» eines Gerichtes, über die Aufgaben der Rechtsprechung hinausgehe. Er hätte einen Appell an das Volk vorgezogen, um zu einer «Ausgleichung un - 31 
Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein 88So Knöpfle, S. 235. 89Marxer, S. 85. 90So Batliner, Einführung, S. 99. 91Wahl/Rottmann, S. 340. 92Art. 39 Abs. 1 StGHG; vgl. auch StGH-Gutachten vom 8. März 1952, nicht veröffent- licht; darauf Bezug nehmend und bestätigend StGH 1995/25, Gutachten vom 23. No - vem ber 1998, LES 3/1999, S. 141 (145 und 148). Vgl. im weiteren Batliner, Einführung, S. 99 f. 93Die Organisation der obersten Staatsorgane in Liechtenstein, 1924. 94Ähnlich in jüngerer Zeit StGH 1986/10, Gutachten vom 6. März 1987, LES 4/1987, S. 148, wo der Staatsgerichtshof auf den «demokratischen Charakter» der Verfassung, der «gewollt und betont» sei, aufmerksam macht. Vgl. auch StGH 1996/29, Urteil vom 24. April 1996, LES 1/1998, S. 13 (17). Hier gibt der Staatsgerichtshof zu verstehen, dass eine Bestimmung, welche in ihrer grundrechtseinschränkenden Konsequenz für das Volk als Teilhaber an der gesetzgebenden Gewalt nicht nachvollziehbar sei, in einem «demokratischen Rechtsstaat» – diese Ausdrucksweise ist aufgrund von Art. 2 LV für die liechtensteinische Staatsordnung wohl nicht ganz zutreffend – nicht haltbar sei und somit gegen Art. 31 LV verstosse. 95Ausführlicher dazu hinten S. 46 ff.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.