Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

Verfassung den «Geist des Rechtsstaates» erkennen lasse. Josef Peer hat diesem Anliegen in Art. 92 der Verfassung 1921 entsprochen. Wie er sel- ber sagt, habe er den Verfassungsentwurf von Wilhelm Beck bei der Aus - arbeitung der Regierungsvorlage herangezogen.56Nach den Vorstel lun - gen von Wilhelm Beck muss die gesamte Verwaltung nach Rechts grund - sät zen geführt werden. Der Einzelne sei nicht nur ein der Ver waltungs be - hör de Unterworfener, ihr Untertan, Objekt der Verwal tungs tätigkeit, son dern sei Untertan des Gesetzes und habe zugleich derselben Verwal - tung gegenüber subjektive Rechte und «anerkannte rechtlich geschützte In teressen».57Dieser Grundsatz des Rechtsstaates sei an die Stelle des Grunds atzes des Polizeistaates getreten, wonach der Un ter tan nur Pflichten aber keine Rechte gegenüber der Behörde gehabt habe. Wie es dem «Geist des Rechtsstaates»58entspricht, bedarf der Ein zelne auch des individuellen Rechtsschutzes, der ihm in Form der «staats rechtlichen Beschwerde», wie sie Wilhelm Beck in seinem Ver fas sungs entwurf postuliert und wie sie zum Gegenstand der Schlossab ma chun gen ge - macht wurde und wie sie schliesslich Eingang in Art. 104 der Ver fas sung 1921 gefunden und in der Form der Verfassungsbeschwerde in Art. 23 Abs. 1 des Staatsgerichtshofgesetzes 1925 ihre Ausprägung erhalten hat. Legte Wilhelm Beck in der Verfassungsdiskussion besonderen Wert auf die Stärkung des individuellen Rechtsschutzes, setzte Josef Peer einen anderen Akzent und betonte mit der Normenkontrolle, die seine Hand schrift trägt,59den Schutz der Verfassung, wie er ihn im österreichi - 21 
Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein falls undatiert ist, verweist auf den vorgenannten Bericht und hält fest, dass sich aus den einzelnen Bestimmungen der Verfassung ergebe, dass auch die Verwaltung gemäss den Grundsätzen eines Rechtsstaates geführt werden solle. Zu diesem Zwecke sei bereits früher das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltungspflege vom Jahre 1922 ge- schaffen und besonders die Verwaltungsbeschwerdeinstanz geordnet worden. 56So in seinem Bericht «Die Revision der Verfassung im Fürstentum Liechtenstein» vom 18. April 1921 an Fürstlichen Rat Josef Ospelt, S. 22 f. Hier gibt Josef Peer zu verste- hen, dass er «bei Abfassung der Regierungsvorlage» auch den ihm vom Abgeordneten Dr. Beck zur Verfügung gestellten, von ihm ausgearbeiteten Entwurf einer Verfassung sowie eine ihm gleichfalls von ihm überlassene «Zusammenstellung der schweizeri- schen Bundes- und Kantonalverfassung», endlich auch die österreichische Verfassung, soweit dieselbe «für Liechtenstein verwendbare und zweckmässige Bestimmungen» enthalte, benutzt habe. Vgl. z.B. zu Art. 92 Abs. 2 LV Art. 18 Abs. 1 und 2 öst. B-VG. 57Kommissionsbericht, S. 1. So auch die Formulierung in Art. 92 Abs. 1 LVG. 58Der Kommissionsbericht, S. 1, verweist beispielhaft auf die Art. 27, 90 und 92 der Ver - fas sung. Zum Legalitätsprinzip und dessen gerichtlichen Schutz siehe Batliner, Aktuelle Fragen, S. 92 f. 59Vgl. Wille, Normenkontrolle, S. 54 ff.
	        

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