Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

sche) Verfassungsprozessrecht.11Diese Entwicklung erfolgte in nahelie- gender Parallelisierung: Je ausdifferenzierter die materielle Grundrechts - judi katur wurde, als um so wichtiger erwies sich auch eine verfassungs- prozessuale Vertiefung und Verfeinerung der Rechtsprechung.12Die Berücksichtigung von Grundsatzbedeutung und/oder Folgewirkungen einzelner Judikate,13die Entscheidungsvariante des «Appell»-Urteils trotz fehlender gesetzlicher Ermächtigungen hierzu,14die Tendenz, die «inhaltliche Substanz der Verfassung»15auch in Form positiver Vor - gaben für den Gesetzgeber zur Geltung zu bringen16 
–all dies steht für ein Selbstverständnis des Staatsgerichtshofs von Status und Funktion, das – zunehmend selbstbewusst – die Verfassung als Grundordnung von Staat und Gesellschaft17in das Zentrum rückt. Indem der Staats ge richts - hof für sich eine «verfassungsrechtliche Leitfunktion»18reklamiert, wird die Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein – ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland – deutlich vom Vorrang der Ver - fas sung her organisiert und mit Leben 
erfüllt.19 II. Zur Plurifunktionalität der Verfassungsbeschwerde Dabei wird (zunehmend) auch die Verfassungsbeschwerde zu einem multifunktionellen, über den individuellen Rechtsschutz hinausweisen- 141 
Die Verfassungsbeschwerde als Rechtsschutzinstitut 11Andere Wertung bei Herbert Wille, Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des StGH, 1999, S. 119: prozessuale Fragen würden «kaum diskutiert und begutachtet». 12Beispielhaft StGH 1997/40 – Urteil vom 2.8.1998, LES 1999, 87 (88 f.) mit eingehenden Überlegungen zur «Legitimations?» der Beschwer bei Verfassungsbeschwerde - verfahren. 13Siehe etwa StGH 1994/19 – Urteil vom 11.12.1995, LES 1997, 73 (76). 14Siehe etwa aus neuerer Zeit StGH 1995/20 – Urteil vom 24.5.1996, LES 1997, 30 (38 f.). 15Formulierung bei Alexander von Brünneck, Verfassungsgerichtsbakeit in den west - lichen Demokratien, 1992, S. 163 f. 16So Herbert Wille, Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grund - lage der Rechtsprechung des StGH, 1999, S. 65, der die vorstehend zitierte Formu lie - rung von v. Brünneck aufgreift. 17Hierzu eindringlich Konrad Hesse, Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl., S. 3 ff. 18So ausdrücklich in StGH 1997/40 – Urteil vom 2.4.1998, LES 1999, 87 (89), unter Be - zug nahme auf StGH 1995/20, LES 1997, 30 (38). 19Siehe auch Ernst-Wolfgang Böckenförde, Verfassungsgerichtsbarkeit: Strukturfragen, Organisation, Legitimation, NJW 1999, 9 (14).
	        

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