Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

Besonders für die Justiz kann die Antwort nicht in Gründen der Opportunität liegen. Wenn 1. alle Staatsorgane die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz respektieren, was deren Pflicht ist, dann er- folgen Übergriffe wie die vorstehenden nicht und werden die teils pre - kä ren institutionellen Regelungen nicht zum Problem. Doch wenn sich die derzeitige Lage und die Bedingungen nicht grundlegend verändern, insbesondere, wenn die vorhandenen, latenten und ausgesprochenen Pressionen nicht glaubwürdig und unzweideutig zurückgenommen und beendigt werden und ein Richter nicht ohne Bange sein kann, wird es 2. Aufgabe des Staates sein, eine unabhängige und unparteiische Justiz rechtlich-institutionell wirksamer zu gewährleisten – das hiesse etwa, die bisherige gerichtliche Amtsdauer erheblich zu verlängern und zugleich Erneuerungen der Amtsdauer nicht zuzulassen, die zu ungebührlichen Einflussnahmen genutzte Mitsprache in Frage zu stellen, einen inner- staatlichen Grundrechtsschutz gegen Akte des Fürsten und des Land ta - ges vorzusehen. Nicht zu übersehen ist dabei, dass rechtlich-institutio- nelle Verbesserungen auch der Zustimmung des Fürsten bedürfen und dass beste institutionelle Sicherungen nicht gegen alle Ein wir kungen zu schützen vermögen (vgl. z.B. Ankündigungen wie: «Dann werden wir den Fürsten nicht mehr stellen.»). In jedem Falle aber wird der Landtag 3. seine verfassungsmässigen Kompetenzen und Aufgaben überzeugend wahrnehmen und sich gegen unrechtmässige Eingriffe schützend vor die Verfassung, den Rechtsstaat und die dritte Gewalt und vor die demokra- tisch gewählten Kandidaten und Ernennungsvorschläge stellen müssen. Wenn schliesslich 4. trotzdem relevante Einwirkungen anderer Staats or - gane auf die Richter erfolgen, dann bleibt für die Richter nur der Aus - stand – es sei denn, ein Richter strebe manifesterweise ohnehin kein Amt mehr an. Zwar ist auch die richterliche Gewalt eine Gewalt. Aber sie ist strikt eine solche aufgrund und im Rahmen des Rechts. Sie kann von sich aus, ohne Antrag durch eine legitimierte Prozesspartei, nicht einmal tätig werden. Sie ist an das Recht gebunden, und sie hat ihre Urteile gestützt auf dieses Recht rational nachvollziehbar zu begründen. Der Urteils voll - zug ist schon nicht mehr ihre Sache. Die dritte Gewalt ist die schwäch- ste. Es zeichnet ihre Glaubwürdigkeit, ihre Lauterkeit und Integrität aus, dass sie bei Einwirkungen anderer Mächte auf ihre Unabhängigkeit eher weicht und den Konflikt durch Ausstand löst, als dass sie «schief» (bias), parteiisch und unkorrekt entscheiden oder nur schon effektiv einen sol- 136Gerard Batliner
	        

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