Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

einer Pressemitteilung verlauten:56«Seine Durchlaucht Fürst Hans- Adam II. von und zu Liechtenstein hat mit Interesse das Urteil vom 28. Oktober 1999 des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes zur Kenntnis genommen. Die Konsequenz dieses Urteiles wird sein, dass Seine Durchlaucht der Landesfürst beziehungsweise seine Nachfolger im Amt in Zukunft darauf verzichten werden, privat oder öffentlich gegenü- ber möglichen Kandidaten zu begründen, weshalb sie nicht ernannt wer- den.» Als Antwort auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, über dem es eine höhere Instanz nicht mehr gibt, ist die Mitteilung des Fürstenhauses eine beunruhigende «Konsequenz». Das an einem Punkt ausgesprochene Berufsverbot gegen Herbert Wille wird nicht zurückgenommen. Auf diesem Hintergrund ist das Spielen mit der Möglichkeit künftiger Vetos durch den «Landesfürsten» sowie für «seine Nachfolger im Amt» ernst und in die Zukunft hinein ver längert. Die durch alle Phasen durchgehaltene, jederzeit rücknehmbare, von Etappe zu Etappe erhärtete statt korrigierte Entscheidung des Fürsten, das gleichsam mehrfach ausgesprochene Berufsverbot, demonstriert ex- emplarisch die Radikalität des Eingriffes. Nichts konnte den Fürsten be- wegen, seine Haltung zu ändern: Nicht die Gutachten, nicht die Petition der Bevölkerung, nicht der Antrag des Landtages auf Wiederbestellung von Herbert Wille zum Vorsitzenden der Verwaltungsbeschwerde in - stanz, nicht die Beschwerde in Strassburg, nicht die Feststellung der Grundrechtsverletzung durch den Europäischen Menschenrechts ge - richts hof. Dabei fehlt jeglicher gerichtliche Schutz im Inland. Ein aus- weichender Landtag verschlimmert die Lage: Volksvertreter, welche ihre Personalentscheidungen vom Fürsten vorausbestimmen lassen. Schliess - lich folgt – nach dem eindeutigen Urteil des Menschenrechts gerichts - hofes – statt der selbstverständlichen Rücknahme des Berufsverbotes durch den Fürsten die vielsagende Erklärung, in Zukunft «gegenüber möglichen Kandidaten» nicht mehr zu begründen, «weshalb sie nicht er- nannt werden». Da kann sich niemand mehr als geschützt betrachten. Entsprechend ernst ist der generalpräventive Effekt des Einzelfalles Wille. Indem der Fürst eine von ihm abweichende Meinung in einer Ver - fas sungsfrage bestraft, erhebt er sich im Staat zum Richter schon über Meinungsäusserungen. Der Fürst gibt an, wie die Verfassung auszulegen 127 
Der konditionierte Verfassungsstaat 56Pressemitteilung des Fürstenhauses vom 28.10.1999.
	        

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