Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

da ten zur Wahl zu stellen, zu wählen und vorzuschlagen. Dieses Ver fas - sungs system kippt, wenn der Landtag (oder schon wenn die beherr- schende Mehrheitsfraktion oder Mehrheitspartei) a priori ausgesproche- ne fürstliche Berufsverbote vor einem konkret bevorstehenden parla- mentarischen Bestellungsverfahren durch Voranfragen beim Fürsten gleichsam gutheisst, legitimiert und zu den eigenen macht, oder wenn der Landtag durch Anfragen Vorausvetos auslöst und den Kreis der Per - so nen, die im Landtag zur Wahl stehen oder stehen können, seinerseits entsprechend einschränkt. Nach solcher Voranfrage der VU-Mehrheits - frak tion zur Kandidatur Herbert Willes zum Vorsitzenden der Verwal - tungs beschwerdeinstanz liess der VU-Parteipräsident Oswald Kranz schon im Vorfeld der parlamentarischen Behandlung öffentlich verlau- ten: «Ein dahingehender Wahlvorschlag kommt daher einem Akt gleich, der keinen Sinn mehr macht.»52Solches ist Demokratie, soweit die Mo - nar chie sie zulässt.53Und wenn der Landtag sich im Einzelfall ohne sach liche Rechtfertigung nur geteilt und mit knappen Mehrheiten zu einem Vorschlag bekennt, gibt er seine Überzeugungen nicht weiter, und der Kandidat ist nicht geschützt und breit getragen und wird umso stär- ker von der Schwere eines Vetos getroffen. Da innerstaatlich ein Schutz gegen Grundrechtsverletzungen seitens des Fürsten fehlt, hatte sich Herbert Wille nach Erlass des Berufs ver botes 1995 an die Menschenrechtsorgane in Strasbourg gewandt. Am 27. Mai 1997 erklärte die Europäische Kommission für Menschenrechte die Beschwerde gegen Liechtenstein für zulässig und stellte schliesslich im Bericht vom 17. September 1998 eine Verletzung des Rechts auf freie Mei nungsäusserung und eine Verletzung des Rechts auf innerstaatlichen Schutz fest.54Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kam in seinem Urteil vom 28. Oktober 1999 praktisch einstimmig (16:1) zum selben Ergebnis und verurteilte Liechtenstein zusätzlich zur Bezahlung einer Genugtuungssumme für Herbert Wille und zur Übernahme seiner Vertretungskosten.55Anstatt nun das Berufsverbot gegen Herbert Wille zurückzunehmen, liess das Fürstenhaus nach der Urteilsverkündung in 126Gerard 
Batliner 52L. Vaterland vom 12.4.1997, S. 3. Aufschlussreich die Debatte im Landtag vom 14.4. 1997, Landtagsprotokoll (Anm. 50). 53Vgl. Batliner (Anm. 11), Rz. 109. 54Vgl. Report Commission (Anm. 40), bes. §§ 88 und 102. 55Judgment Court (Anm. 39), §§ 70, 78, 89 und 92 sowie S. 24 f.
	        

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