Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

In einem kleinen Gemeinwesen wie Liechtenstein und in Gerichten, in denen Berufs- und Laienrichter zusammenwirken, könnte es der Auto - rität des Gerichtes allerdings auch förderlich sein, dem «Roma locuta»- Prinzip zu folgen, die Judikatur aber in einen Dialog mit den anderen staatlichen Institutionen, der Wissenschaft und der Gesellschaft einzu- beziehen.35Zentral bleibt die These, dass die Verantwortung für die Ver - wirk lichung von Gerechtigkeit primär in die Hände des Richters – vor allem auch des Verfassungsrichters – gelegt ist, wobei hinzuzufügen ist, dass auch der Richter, der über keine eigenen Machtmittel verfügt, Recht und Gerechtigkeit bloss Nachachtung zu ver schaffen vermag, wenn sei- ne Erkenntnisse – zumindest im grossen und ganzen – vom öffentlichen Bewusstsein der Gesellschaft mitgetragen werden. Für mich als Wissenschafter sind die Ansprüche bei der Definition der Gerechtigkeit bescheidener. Ich halte es mit Hans Kelsen, der – die Ant wort relativierend ins Ermessen des einzelnen Menschen stellend – zum Schluss kam: «Es wäre mehr als anmassend, meine Leser glauben zu machen, mir könnte gelingen, was die grössten Denker verfehlt haben. Und in der Tat, ich weiss nicht und kann nicht sagen, was Gerechtigkeit ist, die absolute Gerechtigkeit, dieser schöne Traum der Menschheit. Ich muss mich mit einer relativen Gerechtigkeit begnügen und kann nur sagen, was Gerechtigkeit für mich ist. Da Wissenschaft mein Beruf ist und schon das wichtigste in meinem Leben, ist es jene Gerechtigkeit, unter deren Schutz Wissenschaft, und mit Wissen - schaft Wahrheit und Auf rich tigkeit gedeihen können.36 108Daniel 
Thürer needs. The ultimate goals of the law are no different from those of a Council of wise Men. The question is, how much and how fast can a court persue what it sees as the goals of society without inpairing the long run usefulness of judge-made law in contri- buting to their archievement.» 35Vgl. hierzu Jörg Paul Müller, Demokratische Gerechtigkeit, München 1993, insbes. S. 188 f.; vgl. auch Daniel Thürer, Jurisprudenz  – Kunst oder Wissenschaft? In: Alois Ricklin/Luzius Wildhaber/Herbert Wille (Hrsg.), Festschrift für Gerard Batliner, Basel/Frankfurt a.M. 1993, S. 537 ff. 36Hans Kelsen, Was ist Gerechtigkeit?, Wien 1953, S. 43.
	        

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