Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Politisches System Liechtensteins Den ideologischen Hintergrund bot dabei zunächst die freiwirtschaftliche Bewegung, die antikapitalistische Züge aufwies und insbesondere Zins­ geschäfte anprangerte.184 Die Bewegung endete 1933. Anhänger der Frei­ wirtschaftlichen Bewegung engagierten sich kurze Zeit später wieder im «Liechtensteiner Heimatdienst». «Gerade dieser Umstand», so 
Geiger, «weist darauf hin, dass wohl die meisten unter den liechtensteinischen Anhängern der Freiwirtschaftsidee sich eher von Unzufriedenheit, sozial­ moralischem Impuls, Veränderungswillen und auch Oppositionslust als von echter ideologischer Uberzeugung hatten antreiben lassen.»185 Die innenpolitischen Auseinandersetzungen nahmen zu. Arbeits­ losigkeit und Armut waren drückend. In dieser Zeit formierte sich der erwähnte «Liechtensteinische Heimatdienst», der parteikritische, stän- destaatlich-autoritäre Züge aufwies.186 Gründungsdatum war der 1. Ok­ tober 1933.187 Der Heimatdienst fusionierte bereits drei Jahre nach der Gründung mit der Volkspartei zur Vaterländischen Union, obwohl zwi­ schen diesen beiden Parteien weltanschaulich kaum Berührungspunkte bestanden.188 Es handelte sich um eine «Zweckheirat», die aus der Ohn­ macht in der unfreiwilligen Oppositionsrolle entstand.189 Nach der Be­ urteilung von 
Geiger ergab sich dabei auch eine deutliche ideologische 184 Vgl. ausführlich Geiger 1993b. 185 Geiger 1993b: 76. 186 Vgl. Wille 1981: 79 ff. und 109 ff. Die parteikritische Haltung geht beispielsweise aus dem folgenden Zitat hervor: «Jeder, der dem Heimatdienst beitritt, leistet schon durch seine blosse Beitrittserklärung der Heimat einen Dienst, da er hierdurch seine Gegner­ schaft zum Parteiensystem bekundet.» (Liechtensteiner Heimatdienst 1933 Nr. 1) In der Wochenzeitung des Heimatdienstes tauchten immer wieder Schlagzeilen auf wie «Zer­ brecht die Parteidiktatur! Sammelt Euch im Heimatdienst!» (Liechtensteiner Heimat­ dienst vom 5. Mai 1934) oder «Kampf dem Parteisystem! Schafft Friede der Heimat» (Liechtensteiner Heimatdienst vom 30. Mai 1934). Das Programm des Heimatdienstes ist in den ersten drei Ausgaben des «Liechtensteiner Heimatdienstes» abgedruckt. Verfasser war Eugen Schafhauser. Vgl. auch Wille 1981: 79; Geiger 1997 Bd. 1: 365 ff. 187 Die Zusammensetzung des Vorstandes geht aus einem Brief des Heimatdienstes an die Regierung vom 13. Oktober 1933 hervor. Vgl. Wille 1981: 110 f. Fussn. 38. Weitere Vor­ standsmitglieder des Heimatdienstes waren Eugen Schafhauser und Richard Meier, der nach der Fusion von Heimatdienst und Volkspartei zur Bürgerpartei wechselte und spä­ ter deren langjähriger Parteipräsident wurde (1945-1970). Carl Freiherr v. Vogelsang war vorher Redaktor des Liechtensteiner Heimatdienstes gewesen (1933-1935). Als Redaktor des Liechtensteiner Vaterlandes musste er wegen Spionagetätigkeit - der soge­ nannten Spitzelaffäre - im Januar 1937 zurücktreten. Vgl. Geiger 1997 Bd. 1: 450 ff. 188 Vgl. Geiger 1993a. Die Gründung erfolgte am 5. Januar 1936 im Hotel Adler in Vaduz. 189 Die Zusammenarbeit begann 1935 mit einer gemeinsamen Volksinitiative zur Verfas­ sungsänderung. Ziel war die Einführung des Proporzwahlsystems. Die Abstimmung ging jedoch mit 1182 zu 1319 Stimmen negativ aus. Im Hinblick auf die 
Gemeinderats- 80
	        

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