Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Die Staatsform liechtensteinische Regierung unabhängiger als in Ländern, wo die Regie­ rung einem einzigen Organ (Parlament) gegenübersteht.»98 Die Frage, wie die Regierung abberufen werden kann, ist der Prüf­ stein für die Wirksamkeit der formal relativ grossen Unabhängigkeit der Regierung. In der Verfassung ist das Entlassungsrecht nicht klar formu­ liert. Die Interpretation hat sich im Verlauf der Zeit vom alleinigen Ent­ lassungsrecht des Landesfürsten99 über das Entlassungsrecht sowohl des Fürsten wie auch des Landtages100 bis hin zum erforderlichen Konsens von Landesfürst und Landtag über die Entlassung der Regierung101 ver­ schoben. Tendenziell wird somit im Urteil der rechtswissenschaftlichen Beobachter der Regierung eine zunehmend stabile und unabhängige Stellung attestiert. Verfassungsrechtlich nimmt die Regierung eine Mittelstellung zwi­ schen dem Landtag und dem Landesfürsten ein. Sie steht in einem Spannungsfeld dieser beiden obersten Staatsorgane, weist dabei aber eine formal relativ grosse Unabhängigkeit auf. Faktisch und auch in der öffentlichen Meinung besteht heute allerdings eine sehr enge Beziehung zwischen dem Landtag und der Regierung, sodass die Regierung zuneh­ mend parlamentarische Züge angenommen hat, was sich in verschiede­ nen Aspekten niederschlägt: Die parteienmässige Zusammensetzung des Landtages setzt sich in der Regierung fort, die Mehrheitspartei im Land­ tag stellt die Mehrheit in der Regierung, seit 1997 sogar die Alleinregie­ rung. Im Wahlkampf wird auch sehr stark mit dem Argument geworben, dass die bessere Regierungsalternative angeboten wird. Die enge Verbin­ dung von Landtag und Regierung zeigt sich auch im Gesetzgebungspro- zess, wo eine enge Zusammenarbeit zwischen Landtagsfraktion(en) und Regierung - vor allem innerparteilich - gepflegt wird. 93 Batliner 1994: 69. In der Neufassung der Geschäftsordnung des Landtages wurde das Motionsrecht des Landtages in diesem Sinne korrigiert. Das Motionsrecht des Landtages beinhaltet heute, dass die Regierung beauftragt wird, gewisse Bereiche zu regeln oder aber eine Verpflichtung an eine Landtagskommission, eine Vorlage im Sinne der Motionäre auszuarbeiten (Art. 33 Abs. 1 lit. a und lit. b LGB1. 1997 Nr. 61). Damit ist ein inhaltlich bindender Auftrag an die Regierung ausgeschlossen. 99 Pappermann 1967: 102 ff., 119 ff.; Allgäuer 1989: 107 und 277 ff.; Loebenstein 1985: 76. Allgäuer meint jedoch gleichzeitig, dass «in der politischen Wirklichkeit Regierungs­ mitglieder ohne das Vertrauen des Landtages nicht im Amt verbleiben» können. All­ gäuer 1989: 107. 100 Landtagsverfassungs-Kommission im Jahr 1965 nach Batliner 1994: 80; Kieber 1982: 56. Wiederholt bei Kieber 1994: 297 ff. 101 Willoweit 1987: 510; Ignor 1987: 84; Quaderer 1993: 25 ff.; Batliner 1994: 80. 51
	        

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