Volltext: Das Recht auf einen ordentlichen Richter in der liechtensteinischen Verfassung

Sinn und Zweck demselben Ergebnis. Dem ist bekannterweise aber nicht so. Nicht jeder Richter käme in jedem Fall zu demselben Urteilsergebnis.5 Auch Richter differieren in ihren (moralischen, juristischen, weltanschaulichen etc.) Wertvorstellungen, aber auch in ihren (v.a. juristischen) Fertigkeiten (Auffassungsgabe etc.). Diese Differenz kann im Einzelfall durchaus beträchtlich sein. So beunruhigend es auch klingen mag: «Wir müssen uns damit abfinden, dass der Grad, bis zu dem wir uns der Wahrheit nähern, auch davon mitbestimmt wird, wer im Gericht sitzt.»6 Vom Eintreffen einer Beschwerde über die Tatbestandsaufnahme bis hin zu der Entscheidfällung kann es in der Beurteilung zu Unterschieden, Gegensätzlichkeiten und Defiziten kommen. Zum Beispiel sind Normen praktisch selten im Wege einer automa­ tischen Rechtssubsumtion, mithin keineswegs <einfach> anzuwenden. Der Richter hat meistens in einem gegebenen Rahmen ein Werturteil zu fällen, in Ausnahmefällen sogar selber rechtsschöpferisch tätig zu wer­ den. Diese Problematik aktualisiert sich vor allem in Rechtsgebieten, denen eine besondere Weite der Ermessensspielräume eigen ist, zumal im Strafrecht mit seinen oft weiten Strafrahmen, im Haftpflichtrecht (namentlich Genugtuungsrecht) etc.7 Ferner bestehen Rechtsgebiete, in denen die Anschauungen des Richters besonders gefordert sind und dementsprechend beim Entscheidergebnis besonders ins Gewicht fallen: im Ehescheidungs-, Haftpflicht-, Sexualstraf- oder etwa Arbeitsrecht, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Das Entscheidergebnis hängt sonach unter anderem vom Charakter und von den persönlichen Einstellungen des Richters ab. Die geschilder­ te Problematik wird durch die für Liechtenstein typischen Umstände noch verschärft: monarchische Staatsform einerseits, Kleinheit und da­ mit zusammenhängend enge inner- wie ausserstaatliche Interdependen- zen andererseits.8 Beyeler 28. S. auch den Fall, bei dem eine Person wegen ein und derselben Tat von einem Gericht mit 120 DM Busse, von einem anderen Gericht mit sechs Monaten Gefängnis bestraft wurde 
(Beyeler 29). Arndt, Gesetzlichkeit 12. Die Tatsache der Auslegungsbedürftigkeit jeder schriftlichen oder anders fixierten Lebensäusserung ist Entstehungsgrund und Forschungsgegenstand der allgemeinen und insbesondere der juristischen Hermeneutik. Hierzu insbesondere Mayer-Maly, Rechtswissenschaft 58 f. Vgl. zu letzterem 
Geiger/Waschkuhn 7 ff. 63
	        

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