Volltext: Das Recht auf einen ordentlichen Richter in der liechtensteinischen Verfassung

Überblick über den Inhalt des Art. 33 Abs. 1 LV Verfassung verbot den Entzug des ordentlichen Richters im Grund­ sätzlichen;4 
und in § 36 hiess es: «Neben den ordentlichen Gerichten sind auch Compromiss- und Schiedsgerichte zur Ausübung der richter­ lichen Functionen in Civilsachen berechtigt.» Gemäss § 36 der 1862er Verfassung waren sonach neben den verfas­ sungsrechtlich bereits vorgesehenen Gerichten im umschriebenen Um­ fange auch Kompromiss- und Schiedsgerichte zulässig. Da zu jenem Zeit­ punkt in Liechtenstein keine eigentliche Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, d.h. weder eine eigentliche Verfassungs- noch eine eigentliche Verwaltungsgerichtsbarkeit, existierte, umfasste der Begriff der Ordent­ lichkeit im Sinne des § 36 der 1862er Verfassung lediglich die Bereiche der Zivil- und der Strafgerichtsbarkeit. Wird § 36 in Korrelation mit § 9 der 1862er Verfassung gesehen, ergibt sich für die Bedeutung des § 9 nichts anderes, als dass grundsätzlich keinem die Beurteilung seiner Sache durch ein ordentliches Zivil- oder Strafgericht entzogen werden konnte. Die im Rahmen der darauf folgenden Verfassungsrevision ausgear­ beiteten sechs Verfassungsentwürfe wie auch die Verfassung vom 5. Ok­ tober 1921 führten das Recht auf einen 
ordentlichen Richter weiterhin auf, ohne indessen der genannten Korrelation weiter Beachtung zu schenken. Die neue Verfassung schuf zwar mit den Art. 104 bis 106 eine Verfassungs- , mit den Art. 97 f. eine Verwaltungsgerichtsbarkeit, das Verbot in Art. 33 Abs. 1 LV sprach aber weiterhin vom «ordentlichen» Richter. Soweit nicht von Art. 33 Abs. 1 LV die Rede war, wurde spätestens seit der Verfassung von 1921 in Lehre und Rechtsprechung <ordentliche Gerichtsbarkeit» im Sinne von Zivil- und Strafgerichtsbarkeit als Gegen­ begriff zur Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts verstanden, während <ordentlich> im Sinne des Art. 33 Abs. 1 LV vom ursprünglichen Sinnge­ halt losgelöst und als Gegensatz zu ausserordentlich»5 betrachtet wurde. Hieran hat sich bis heute nichts geändert. Gelegentlich wird der Begriff des ordentlichen Richters auch im Sinne von «regelmässig zuständig», mithin als Gegensatz zu Ersatzrichter verwendet.6 Zum Wortlaut s. § 2 Historische Grundlagen. Die Errichtung von ausserordentlichen Gerichten wird auch mit dem Verbot der Einführung von Ausnahmegerichten in Art. 33 Abs. 1 Ts. 2 LV untersagt. So auch in der Schweiz: z.B. BGE 105 Ia 172, 177; 
Beyeler 27; 
Müller, Garantie 253; StGH 1977/2, Entscheidung vom 24. Oktober 1977 (LES 1981 41, «Art. 985 Ziff. 5 PGR»), 34
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.