Volltext: Das Recht auf einen ordentlichen Richter in der liechtensteinischen Verfassung

Vorrangprinzip 1. 
Vorsitzender beziehungsweise Präsident und ihre Stellvertreter: Im Staatskalender vom Juni 1992 war für das 
Schöffengericht als Ersatzvor­ sitzender kein Landrichter vorgesehen, obwohl sich aus § 4 Abs. 2 etwas Anderes ergibt. Dies stellte eine Verletzung des Vorrangprinzips dar. Demgegenüber ist im Staatskalender vom Juli 1999 diesbezüglich nichts Verfassungswidriges mehr zu finden. 2. 
Beisitzer und Ersatzbeisitzer: Aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes und/oder der Verfassung ergibt sich für bestimmte Gerichte, dass diese mit je einem Beisitzer und einem Ersatzbeisitzer besetzt wer­ den müssen.445 Für die Frage einer Verletzung des Vorrangprinzips scheinen mir zunächst folgende Überlegungen von Bedeutung zu sein: Einerseits ist eine über Verfassung und Gesetz hinausgehende Besetzung der Spruchkörper mit rechtskundigen Richtern - wie bereits ausführlich erörtert446 - grundsätzlich nicht unabdingbar notwendig. Andererseits ist mit der Besetzung eines Gerichts mit rechtskundigen Richtern nicht schon deswegen eine Abweichung von der gesetzlichen Vorschrift der Zusammensetzung eines Gerichts verbunden, weil das Gesetz dies nicht ausdrücklich vorsieht. Eine über den Rahmen der Verfassung und des Gesetzes gehende Besetzung der Spruchkörper mit rechtskundigen Richtern wäre aber nichtsdestoweniger von Verfassungs wegen äusserst begrüssenswert. Die Zusammensetzung eines Gerichts mit professionellen Richtern vermag das Gebot der richterlichen Unabhängigkeit besser zu verwirklichen, Kontinuität und Konformität der Rechtsprechung besser zu gewährlei­ sten als das Institut der Laiengerichtsbarkeit. Bis in die 90er Jahre waren rechtskundige Richter (mit Ausnahme des Landgerichts) in allen Ge­ richten stark untervertreten. Die verfassungs- und gesetzesrechtlichen Vorschriften sind demnach im Sinne von Mindestvoraussetzungen aus­ zulegen. Die jüngste Ernennungspraxis bestätigt diese Ansicht; in ihr lässt sich eindeutig eine Tendenz zu vermehrter Professionalität der Gerichte erkennen, obwohl dies weder auf verfassungs- noch auf geset­ zesrechtlicher Ebene vorgeschrieben ist. 445 Bezüglich der Begriffe des Beisitzers und des Ersatzbeisitzers, der bedingten Not­ wendigkeit ihrer Bestellung etc., sei ebenfalls auf II. Vorbehaltprinzip verwiesen. 446 S. die Ausführungen betr. die Rechtskundigkeit der Richter unter II. Vorbehalt­ prinzip. 271
	        

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