Auch das Umfeld des Landwirtschaftsbetriebs des
Bürgerheims veränderte sich nach dem Zweiten
Weltkrieg grundlegend. In Vaduz war der Wande!
_‚jechtensteins vom Agrarland zum Industrie- und
Dienstleistungsstandort besonders früh und
deutlich zu spüren. Vieh und Fuhrwerk auf, der
Strasse waren immer weniger erwünscht. Land-
wirtschaft in unmittelbarer Nähe eines zeit-
gemässen Spitalbetriebs wurde untragbar. Zudem
war der in Vaduz vom Bürgerheim bewirtschaftete
Gemeindeboden für die verbliebenen Landwirte
Pachtboden sehr begehrt. Er konnte
ihre Betriebsgrundlage verbessern
und einen gewissen Ersatz für den
durch rege Bautätigkeit bewirkten
Verlust an Landwirtschaftsboden
bieten.
Bau des Riedhofs - Ende des
Bürgerheimbetriebs
che Betrieb auf dem neu errichteten Riedhof. Beim
Bürgerheim in Vaduz blieben neben den Barm-
herzigen Schwestern einige «Pfründner» und der
Hühnerhof. Mit dem Sozialhilfegesetz von 1966,
das die Bürgergemeinde von der Fürsorgepflicht
für ihre Mitglieder befreite, verloren Name und
Institution ‘Bürgerheim’ ihren eigentlichen Sinn
Ab 1972 scheint der Begriff in der Gemeinde
rechnung nicht mehr auf. Neu wird das Kranken
haus Vaduz als selbständiger Verwaltungszweig
geführt.
m
SCHLUSSgEDANKE:.
Die vor mehr als hundert Jahren geschaffene
Einrichtung der Armenanstalt und des Bürger-
neims sind Vergangenheit. Nur noch einige Fonds
titel der Gemeinderechnung erinnern schwach an
;ie, Die aus ihnen gewachsenen Einrichtungen
ınserer Zeit - Spital, Betagtenwohnheim und
Riedhof - unterliegen aber durchaus Problemen,
ragen und Herausforderungen, die sich von jenen
früherer Zeiten kaum unterscheiden. Letztlich sind
alle unsere Sozialwerke auf die bewusst gelebte
Solidarität des Einzelnen, auf ernsthaften
SZemeinsinn und auf ein Grundmass an Ver-
teilungsgerechtigkeit angewiesen. Die moderne
ungehemmte Entfesselung der Individualkräfte
unserer Tage, ausgerichtet allein auf schnellen
Profit, könnte ein böses Ende haben. Diese Fest-
stellung gilt auch für die Problematik der Krisen-
vorsorge und der Rolle der Urproduktion in unse-
‚em Land. Versorgungsengpässe, gar Hunger, schei
ı1en für uns in Zeiten des totalen Überflusses und
der Verschwendung unbekannte Begriffe aus
ängst vergangenen Tagen geworden zu sein. Das
Zaumschiff Erde hat aber bereits heute Vorrat nur
‘ür wenige Monate. Wir spüren es nicht, weil wir in
ainer Welt der ungerechten Ressourcenverteilung
zu den Reichen gehören, die sich alles mit Geld
<aufen können. Warum also sollten wir unsere Ur-
aroduktionsflächen bewahren, die sich so leicht auf
vielfältige Art versilbern lassen? Was aber, wenn
wir oder unsere Nachfahren eines Tages auf der
3chatten- und Verliererseite in der Welt stehen soll-
cen? Fragen, mit denen wir uns auch am Tag der
offenen Tür für den neu eröffneten Vaduzer Riethof
konfrontieren lassen?
Aus den genannten Gründen be-
auftragte die Gemeinde 1961 Ing.
agr. Ernst Ospelt und Architekt
Bruno Ospelt, ein Projekt für ein
Ökonomiegebäude im Ried auf deı
Mittleren Länge südlich des Scheid-
grabens zu erarbeiten. Der Planung
zugrunde lag eine Betriebsfläche
von 40 Hektaren. Dazu gehörte
auch eine grössere Fläche Vaduzer
Kirchengut. Gerechnet wurde im
Endausbau mit rund 100 Stück
Rindvieh und 250 Mast- und Zucht-
schweinen. Das Wohnhaus wurde
für zwei Knechtefamilien und eini-
ge «Bürgerheiminsassen» ausge:
legt. Auch Absolventen einer land-
wirtschaftlichen Lehre wurden
berücksichtigt. Allenfalls könnte
aus Landesmitteln auch eine land-
wirtschaftliche Schule errichtet
werden. Am 17. Mai 1963 schliess-
lich bewilligte die Gemeindever
sammlung mit grossem Mehı
einen Kredit von einer Millior
Franken für den Bau des Riedhofes.
1964 begann der landwirtschaftli-