Volltext: Öffentliche Aufgabenerfüllung im Kleinstaat

Ausgewählte Ergebnisse Dort, wo der Kleinstaat eine Aufgabe trotz der Grössennachteile uner- lässlich selbst produzieren muss, um insbesondere seine Souveränität und wohl auch Teile seiner Identität und Prosperität sicherzustellen, werden deutlich höhere Ausgaben (Ausgabenintensität) in Kauf genommen. Dies lässt sich anhand der relativen Nettobelastung nachweisen: Für Legisla­ tive, oberste Organe und allgemeine Verwaltung, Aussen(wirtschafts)po- litik, Kultur und Volksschulen fällt ein Mehrfaches des Schweizer Wertes (pro Einwohner) an Nettobelastung für den öffentlichen Sektor Liech­ tensteins an. Relativ hohe Ausgaben treten auch bei der Judikative und der Polizei auf. Diesem letzten Ausgabenblock stehen jedoch hohe Ge­ bühreneinnahmen, die zum Grossteil aus dem Finanzdienstleistungssek­ tor stammen, gegenüber, wodurch keine Nettobelastung verbleibt. Bei einer Reihe von Aufgaben, die in anderen Ländern als staatliche Kernaufgaben angesehen werden (z. B. höherrangiges Verkehrs-, Ge- sundheits- und Bildungswesen, grosse Teile der Sozialversicherung, Geld- und Währungswesen, Telecombereich), stellt die öffentliche Hand in Liechtenstein auf dem Vertragsweg sicher, dass diese Leistungen für die Einwohner und Unternehmen des Landes im Inland zur Verfügung stehen oder im Ausland mitbenützt werden können, sei es entgeltlich oder unentgeltlich. Es sind dies Aufgaben, deren optimales Einzugsge­ biet die Bevölkerungszahl oder Inanspruchnahme durch Liechtenstein bei weitem übersteigt, ohne dass diese aus Souveränitätsgründen unver­ zichtbar selbst erstellt werden müssten. 
Durch diese Mitbenützung kann der Aufwand des Kleinstaates trotz vorhandener diseconomies of scale insgesamt innerhalb der Grenzen der Pro-Kopf-Belastungen der Ver­ gleich sstaaten gehalten werden, ohne dass staatliche Aufgaben unerfüllt blieben. Dass der Gesamtaufwand des öffentlichen Sektors in den ge­ nannten Grenzen gehalten werden kann, zeigt sich etwa am Personal­ aufwand in Liechtenstein, der deutlich unterhalb jenem der Schweiz zu liegen kommt: Zwar müssen einzelne Aufgaben selbst und überpropor­ tional teuer produziert werden, dies betrifft aber nur einen Teil der üb­ lichen Palette von Staatsleistungen. Der Rest wird fremdbezogen, wofür im wesentlichen kein Personalaufwand anfällt. Insgesamt kann somit diese erste Haupthypothese, die die selektive Aufgabenwahrnehmung des Kleinstaates postuliert, mit der Modifika­ tion, dass verschiedene, sehr wesentliche kollektive Leistungen durch entgeltliche oder unentgeltliche Inanspruchnahme aus dem Ausland be­ zogen werden, als bestätigt gelten. 367
	        

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