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Es entsteht die Frag«, inwiefern Liechten
stein durch diese Vorschriften volkswirtschaftlich
belastet und entlastet wird. Die Belastung liegt
zunächst in der Herstellung der für den Zoll
dienst nötigen Lokalitäten und in der genaueren
Ausmarkung. Bei der event. Beschaffung der
Unterkunftsmöglichkeit für das schrveiz. Zollper
sonal wird keine Belastung entstehen, weil für
diesen Fall ortsübliche Entschädigung vorge
sehen ist. Wie groß der Aufwand für die Er
richtung der Zollhäuser sein wird, läßt sich, da
hierüber noch keine näheren Vereinbarungen
getroffen sind, nicht entscheiden. Dagegen ist
anzunehmen, daß die schweizer. Ansprüche kaum
das Maß jener Auslagen beträchtlich überschrei
ten dürfte, die bei einer definitiven selbständigen
Zollpolitik Liechtensteins mit der damit verbun
denen schärferen Bewachung ohnehin mit der
Zeit notwendig geworden wäre. Auf jeden Fall
handelt es sich nur um einmalige Aufwendun
gen, welche bei einer event. Vertragslösung
sofort den Liechtensteinischen Staatsinteressen
dienen meröen.
In diesem Zusammenhang ist darauf zu ver
weisen, daß die Verpflichtung, auf den eigenen
Grenzdienst zu verzichten, für Liechtenstein auch
ohne weiteres jegliche Auslagen hiefür in Weg
fall kommen, welch« bei bisherigem Umfange
der Grenzbewachung auf rund Fr. 40,000.—
beziffert werden können gleich einem Viertel des
Zollertrages, eine Summe, welche mit der Zeit
kaum mehr ausgereicht hätte.
Den Verzicht Liechtensteins auf die direkte
Besteuerung des fchweiz. Zollpersonals —
immerhin mit Ausnahme der indirekten und
Grundsteuern — steht der Vorteil gegenüber,
welchen die Liechtensteinische Volkswirtschaft aus
dem Verbrauche des Einkommens von minde
stens 40 Zollbeamten ziehen wird. Man geht
wohl nicht fehl, wenn man mit einem Ver
brauche von etwa 120 bis 150.000 Franken i. I.
rechnet.
Sehen wir ab von den allgemeinen, wie wir
im ersten Teil unseres Gutachtens nachgewiesen
haben, günstigen volkswirtschaftlichen Folgen
des Zollanschlusses, fo liegt das Schwergewicht
bei der Frage der quantitativen Ent
schädigung Liechtensteins, die sowohl volks
wirtschaftliche wie fiskalische Bedeutung hat.
Wir ziehen vor, diesen wichtigen Punkt später
zum Schlüsse bei der Würdigung der Frage vom
fiskalischen Gesichtspunkte aus, zu erledigen.
Das Verbrauchs ft euerwefen, mit
welchem Liechtenstein event, zusammengeschmol
zen werden soll erschöpft sich zur Gänze in den
Vorschriften der Alkoholgesetzgebung.
Nach den heute bestehenden Bestimmungen
steht das Recht zur Herstellung gebrannter
Wasser dem Bunde zu. Monopolfrei sind einzig
im Inland hergestellte gebrannte Wasser aus
Trauben und Obsttrestern, Trauben- und Obst
wein, Wein- oder Obschesen, Kern-Stein- oder
Beerenobst und Enzianwurzeln. Alle andern
im Inland erzeugten Destillate, alle aus dem
Ausland eingeführten gebrannten Wasser, sowie
sämtliche eingeführte Erzeugnisse» die gebrannte
Wasser enthalten, alle eingeführten Rohstoffe
und alle aus solchen Rohstoffen in der Schweiz
hergestellten Produkte sind monopolpflichtig,
sofern sie zur Gewinnung gebrannter Wasser
dienen.
Annähernd ein Viertel des Bedarfes an
Sprit und Spiritus, im Maximum 30.000 Hek-
r totster jährlich, wird durch staatlich konzesfio-
f nierte Privatbetriebe in Form landwirtschaft
licher Genossenschaften für Rechnung des Bun
des hergestellt. Das inländische Rohmaterial
wird bevorzugt. Den Restbedarf bezieht die Mo
nopolverwaltung vom Ausland. Die Einfuhr
von Branntwein und Liqueur, ebenso die Her
stellung gebrannter Wasser aus ausländischem
Wein, Obst usw. ist Privatpersonen gegen Ent
richtung der Monopolgebühr gestattet. Auch
die Einfuhr alkoholhaltiger oder mit Alkohol her
gestellter Produkte, die nicht zu Trinkzwecken
dienen, ist frei gegen Entrichtung der Monopol
gebühr. Sprit und Spiritus in denaturiertem
Zustand wird von der Alkoholverwaltung zum
Selbstkostenpreis abgegeben, Sprit für den
Trinkbedarf ist einem Monopolzuschlag unter
worfen. Bei der Ausfuhr monopolpflichtiger
Produkte wird der Monopolgewinn zurück
bezahlt. Der Handel mit gebrannten Wassern
jeder Art in Mengen von mehr als 40 Litern
ist ein freies Gewerbe. Der Handel mit klei
neren Mengen unterliegt den nach den Bundes
vorschriften aufgestellten kantonalen Polizei-
und Steuererlassen.
Die Mengen erzeugten Obstbranntweins in
Hektolitern absoluten Alkohols wurden im
Durchschnitt geschätzt in den Perioden 1880/84
auf 10,000 Hektoliter, 1893/1902 auf 15,000
Hektoliter, 1903^1912 auf 19,000 Hektoliter,
1914/1917 auf 27,556 Hektoliter.
Genaue Angaben über die letzten Jahre
können nicht gemacht werden, nach Schätzungen
sind im Jahre 1921 ungefähr 80.000 Hektoliter
Obstbranntwein hergestellt worden. Der Brannt
weinkonsum hat so stark zugenommen, daß man
zu einer Ausdehnung der Gesetz
gebung schreitet.