Volltext: Staat und Kirche

Carl Hans Brunschwiler Jedenfalls ist es unter dem Gesichtspunkt der Religionsfreiheit nicht unproblematisch, wenn dem Steuerpflichtigen nur die Wahl zwischen einer Religionsgemeinschaft und allgemeinen sozialen Aufgaben ver­ bleibt: Wenn er seinen Anteil nicht einer Religionsgemeinschaft zukom­ men lassen will, wird er - und eben nur er - zu einer staatlich verordne­ ten Wohltätigkeit gezwungen. Es sei denn, man gehe davon aus, die staatliche Subvention sei ausschliesslich für Sozialaufgaben der Kirche bestimmt, so dass letztlich der Steuerpflichtige nur darüber befindet, welcher Träger über seine «Sozialabgabe» verfügt. Dann kommt aber diese Finanzierungsweise für die eigentlichen kirchlichen Aufgaben (z.B. Pfarrerbesoldungen) nicht in Betracht. Sollen aber wirklich kirchliche Bedürfnisse gedeckt werden, scheint es mir bedenklicher, wenn sich die Kirche solcherart dem Staat «anhängt», als wenn sie sich von diesem eine öffentlichrechtliche Organisationsform mit dem Recht zur Steuererhebung zur Verfügung stellen lässt. Nur im letzten Fall ist auch eine nach dem Bedarf abgestimmte Steuererhebung möglich; wenn hingegen der Steuerertrag lediglich nach einem Prozent­ satz der Staatssteuer und nicht nach dem durch Budget ausgewiesenen Finanzbedarf festgelegt wird, kann er unter- oder oberhalb der wirk­ lichen Bedürfnisse der Kirche liegen. Eine derartige «Mandatssteuer» lässt sich wohl nur in einem Land realisieren, in dem die grosse Mehrheit der Bevölkerung traditionell einer Religionsgemeinschaft angehört. Es ist eine zwar originelle, aber kaum überzeugende Lösung, die Fiktion einer «Volkskirche» ohne Volk aufrechtzuerhalten. 52
	        

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