Wolfgang Strasser Menschenrechte nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals konkrete Gestalt annahm. Das Konzept war somit vorgegeben, als die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. 12. 1948 die Allgemeine Erklärung der Men schenrechte verkündete, die in Artikel 18 folgendes bestimmt: «Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Reli gionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat, durch Lehre, Ausbildung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden.» Religionsfreiheit als Regelungsgegenstand internationaler Menschenrechtskonventionen Es mag dahingestellt bleiben, ob die Religionsfreiheit durch die Aufnah me in die Allgemeine Erklärung zum Bestandteil zwingenden Völker rechts wurde oder ob sie schon vorher im allgemeinen Völkerrecht ver ankert war.1 Jedenfalls ist sie in der Folge auch als völkerrechtliche Vertragspflicht in die regionalen und universellen Menschenrechtskon ventionen eingegangen, die auf der Grundlage der Allgemeinen Erklä rung angenommen wurden. Hier interessiert insbesondere die Europä ische Menschenrechtskonvention von 1950 und der UN-Pakt über bür gerliche und politische Rechte von 1966, die sich hinsichtlich der Defi nition der Religionsfreiheit jeweils eng an den Text der Allgemeinen Erklärung anlehnen, zugleich aber auch Schranken der Ausübung dieser Freiheit vorsehen und regulieren. Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention lautet wie folgt: «1. Jedermann hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Reli gionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit des einzelnen zum 1 Vgl. auch die «Deklaration über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder Uberzeugung», Resolution 36/55 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25.11.1981. 14