Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

System und Arten der Normenkontrolle gerichtshof als Gericht entscheide, die taxative Aufzählung seiner Zu­ ständigkeit sicher am Platz sei, nicht jedoch dort, wo er lediglich un­ verbindliche Gutachten abgebe.91 In diese Richtung deutet ohne Zweifel auch die Formulierung des Staatsgerichtshofes in StGH 1981/192 hin, wonach er Gutachten "ausserhalb der verfassungsmässigen Kompetenz" aufgrund von Art. 16 StGHG verfassen könne und ihn solche Gutach­ ten gerade auch im Hinblick auf die "Verschiedenheit der einzelnen Fälle" nicht binden. In StGH 1984/5/V93 hat er in Weiterführung dieser Praxis gutachtlichen "Ausführungen" für spätere Urteile und ebenso einzelnen "Sätzen" der Begründung in Gutachtenserwägungen eine ver­ bindliche Wirkung abgesprochen. Eine solche Betrachtungsweise, die nur die Wirkung eines Gutachtens ins Blickfeld rückt, muss sich als zu einseitig erweisen. Sie lässt die kom­ petentielle Verfassungsfrage unberücksichtigt und beantwortet sie folg­ lich auch nicht. Die Frage nach der verfassungsrechtlichen Grundlage hat nichts mit der rechtlichen Wirkung eines Gutachtens zu tun. Auch ist der Versuch, diese Verfassungsfrage dadurch zu relativieren, dass Gutachten rechtlich unverbindlich seien, fehl am Platz. Denn Gutachten erzeugen, auch wenn sie rechtlich unverbindlich sind, in der Praxis durchaus Wir­ kungen.94 Einer schlüssigen Antwort auf dieses "rechtliche Problem"95 weicht der Staatsgerichtshof aus. Sie unterbleibt auch in seinem jüngsten Gutachten vom 11. Dezember 1995. Er begnügt sich damit, die Entwick­ lungslinie seiner Praxis zu Art. 16 StGHG zu resümieren und seine "Zurückhaltung" darzutun, die er sich dabei auferlegt habe. Er präzisiert sie als "Einschränkungen", die ihm die "inhaltliche Reichweite" von Art. 16 StGHG aufgebe. Diese aus der Sicht eines Gerichts sich aufdrän­ 91 So die Ansicht der Regierung in einem Schreiben vom 13. Januar 1964, zitiert aus dem Bericht und Antrag der Regierung zum Staatsgerichtshof-Gesetz Nr. 71/1991, S. 21. Der Vorschlag, eine Kompetenzbestimmung in die Verfassung aufzunehmen, stammte vom damaligen Landesamtsdirektor von Vorarlberg, Dr. Elmar Grabherr. Dieser Vor­ schlag ging der Regierung zu weit. 92 StGH 1981/1, Urteil vom 10. Februar 1982, LES 1/1983, S. 1 (2). 93 StGH 1984/5/V, Urteil vom 25. April 1985, LES 4/1985, S. 103 (104). In diesem Sinn äussert sich der Staatsgerichtshof unter Berufung auf StGH 1976/6, ELG 1973 bis 1978, S. 407 (409), in StGH 1985/11, Urteil vom 2. Mai 1988, LES 3/1988, S. 94 (97), und hält fest: "Die Gutachten erörtern Rechtsfragen abstrakt und binden daher den Staatsge­ richtshof in späteren Urteilsverfahren, das heisst in der Beurteilung konkreter Streitig­ keiten, nicht." 94 Dazu hinten S. 96 f. 95 Diese Formulierung ist StGH 1995/14, Beschluss vom 11. Dezember 1995, LES 3/1996, S. 119 (122), entlehnt. 92
	        

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