Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Die Verfassungsgerichtsbarkeit im geschichtlichen Zusammenhang sehen Verwaltungsgerichtshof auch entsprechende Erfahrungen in Ver­ fassungsfragen mit. Man darf ihn daher zurecht als einen Experten des österreichischen Staats- und Verwaltungsrechts bezeichnen. Er ver­ knüpfte im Stil eines hervorragenden Kenners der Verfassungsmaterie althergebrachtes Verfassungsgut mit neuen rechtsstaatlichen Postulaten und führte damit auch österreichisches Rechtsgut in die liechtensteini­ sche Verfassung ein. Diese Strategie erlaubte es ihm, einerseits neue Ver­ fassungseinrichtungen ins liechtensteinische Recht einzuführen, wie dies in der in der Verfassung ausgeprägten Verfassungsgerichtsbarkeit in der Erscheinungsform der Normenkontrolle der Fall ist, und andererseits wohl auch einem Wunsch des Fürsten und der ihm nahestehenden Kreise zu entsprechen, bewährte Einrichtungen der Verfassung von 1862 beizubehalten. Ein solcherart zielgerichtetes Vorgehen lag ganz im Sinn des allseitigen Verfassungsanliegens. Altes Verfassungsgut kommt im Zusammenhang mit der Verfassungs­ gerichtsbarkeit in der Kompetenz des Staatsgerichtshofes zur Entschei­ dung von Auslegungsstreitigkeiten von Verfassungsbestimmungen zum Vorschein, wie sie Dr. Josef Peer in § 111 der von ihm verfassten Regie­ rungsvorlage100 vorgesehen hat. Diese Regelung ist § 122 der Verfassung von 1862 nachgebildet, wo die als "Schiedsgerichtsbarkeit" ausgewie­ sene Staatsgerichtsbarkeit dem "Bundesschiedsgerichte" Überbunden war. Es erstaunt jedenfalls nach dem Gesagten nicht, wenn eine solche Bestimmung im Verfassungsvorschlag von Dr. Wilhelm Beck nicht ent­ halten war. Sie war ihm vielmehr fremd. Sie findet als "geschichtliches" Vorbild für die verfassungsgerichtliche Schiedsrichterfunktion des Staatsgerichtshofes unter veränderten Vorzeichen101 Eingang in Art. 112 der Verfassung von 1921 und gehört zum festen Bestand der liechten­ steinischen Verfassungsgerichtsbarkeit.102 Diese besteht in der Ausge­ staltung von Art. 104 
Abs. 2 der Verfassung zu ihrem überwiegenden 100 LLA RE 1921/963. 101 Es ist jetzt nicht mehr das "BundesschJedsgericht", sondern der Staatsgerichtshof, der den Auslegungsstreit nach Massgabe der Verfassung von 1921 durch Feststellungsurteil entscheidet. 102 Vgl. Gerard Batliner, Aktuelle Fragen des liechtensteinischen Verfassungsrechts, S. 72 ff./Rdnr. 137 ff., ders., Die liechtensteinische Rechtsordnung und die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 105 ff.; ders., Schichten der liechtensteinischen Verfas­ sung von 1921, S. 291 ff.; ders., Einführung in das liechtensteinische Verfassungsrecht, S. 26 f. und 99 
f. Vgl. auch Herbert Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit und duale Staats­ ordnung im Fürstentum Liechtenstein, S. 111 ff. 55
	        

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