Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Einführung der Verfassungsgerichtsbarkeit hof zum Gegenstand hatte. Es drängte sich in Österreich sehr bald eine Reform auf, die aber in ihrer Effizienz auch nicht der liechtensteinischen Regelung gleichkommt. 1929 wurde Art. 140 B-VG in dem Sinn geän­ dert, dass neben den erwähnten politischen Organen noch zwei Organe, nämlich der Oberste Gerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof, zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof ermächtigt wurden.81 Im Unterschied zur Bundesregierung und den Landesregierungen können die beiden Gerichtshöfe die Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines Gesetzes nicht "principaliter" beantragen, sondern lediglich inzidenter, das heisst lediglich aus Anlass eines bei ihnen anhängigen Verfahrens und nur insoweit, als das in seiner Gültigkeit bestrittene Bundes- oder Landesgesetz für die Entscheidung der Prozessache erheblich ist. Das Staatsgerichtshofgesetz kannte demgegenüber von Anfang an beide Verfahrensarten. Die Normenkontrolle ist im Vergleich zum österreichischen Typ umfassender beziehungsweise vollständiger ausge­ bildet. Bei der konkreten Normenkontrolle sind es alle Gerichte, die eine Prüfungsvorlage dem Staatsgerichtshof unterbreiten können. Eine Besonderheit der abstrakten Normenkontrolle bildet die selbständige Anfechtung von Verordnungen durch hundert Stimmfähige. Zu erwäh­ nen ist auch die Verfassungsbeschwerde (Art. 23 StGHG), die es in die­ ser Ausprägung in der österreichischen Verfassungsrechtsordnung nicht gibt.82 Danach können alle letztinstanzlichen Entscheidungen der ober­ sten Gerichte und der Verwaltungsbehörden wegen Verletzung verfas­ sungsmässig garantierter Rechte an den Staatsgerichtshof weitergezogen werden. In Österreich können gemäss Art. 144 des Bundesverfassungs­ gesetzes nach Erschöpfung des Instanzenzuges mit Beschwerde nur Be­ scheide der Verwaltungsbehörden83, und nicht auch Entscheidungen der Gerichte, beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden.84 81 Zur Erweiterung der Zuständigkeit des österreichischen Verfassungsgerichtshofes durch die Bundes-Verfassungsgesetznovelle vom 15. Mai 1975 (BGBl Nr. 302) siehe den Uberblick bei Theo Ohlinger, Die Verfassungsentwicklung in Österreich seit 1974, S. 433 ff. 82 Vgl. Gerard Batliner, Die liechtensteinische Rechtsordnung und die Europäische Men­ schenrechtskonvention, S. 111 ff. 83 Vgl. Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, S. 438/ Rdnr. 1208. 84 Das Rechtsinstitut des Individualantrags auf Normenkontrolle ist mit Bundesgesetz­ blatt 302/1975 eingeführt worden. Vgl. Herbert Haller, Der Individualantrag zur Ver- ordnungs- und Gesetzesprüfung, S. 230 ff., und Kurt Ringhofer, Die Individualanfech- tung von Gesetzen und Verordnungen, in: ÖVA 1977, S. 167 ff. 50
	        

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