Prüfungsumfang Die amtswegige Prüfung kann noch weitergehendere Formen anneh men. Der Staatsgerichtshof befasst sich nämlich im Rahmen der ihm "obliegenden amtswegigen Uberprüfung" mit der Verfassungsmässig keit von Bestimmungen eines Gesetzes oder einer Verordnung auch dann, wenn ein Prüfungsantrag überhaupt nicht gestellt worden ist290 oder zurückzuweisen gewesen wäre.291 In StGH 1980/7292 sah sich der Staatsgerichtshof "genötigt", den Inhalt einer Vorschrift zu prüfen, ob wohl er die Antragstellerin für nicht berechtigt gehalten hatte, den Antrag auf Aufhebung der entsprechenden Vorschrift zu stellen. Dabei folgert er die Notwendigkeit aus dem blossen Umstand, dass ein Prü fungsantrag vorgelegen hatte. Daher seien auch die "Voraussetzungen für die Aufhebungen Amts wegen gegeben". Eine amtswegige Prü fung erachtet der Staatsgerichtshof als geboten, wenn "begründete" Be denken einer Verfassungs- beziehungsweise Konventionswidrigkeit be stehen, so dass es nicht auf eine "förmliche" Anfechtung ankommt293. Es genügen auch schon "verfassungsrechtliche" Bedenken, die eine amts wegige Prüfung als angezeigt erscheinen lassen.294 Auf den Antrag und wie das Begehren begründet wird, kann es dabei nicht ankommen. 2.0 Vgl. etwa StGH 1972/6, Entscheidung vom 26. März 1973, ELG 1973 bis 1978, S. 352 (354), und StGH 1993/19, Urteil vom 16. Dezember 1993 (nicht veröffentlicht), S. 18/Ziff. 7. 2.1 StGH 1977/12, Entscheidung vom 25. April 1978 (nicht veröffentlicht), S. 8. Hier ver tritt der Staatsgerichtshof ohne nähere Begründung die Auffassung, dass er gemäss Art. 24 Abs. 3 StGHG von Amts wegen die Verfassungsmässigkeit von Gesetzen zu prüfen habe, so dass sich eine Zurückweisung erübrige, zumal der Staatsgerichtshof in der Sache die Bedenken des Landgerichtes teile. Dieses hatte - wie der Staatsgerichts hof darauf hinwies - die fragliche Bestimmung weder unmittelbar noch mittelbar an zuwenden. Vgl. auch StGH 1977/2, Entscheidung vom 24. Oktober 1977, LES 1981, S. 39 (40), wo der Staatsgerichtshof, obwohl er den Unterbrechungsbeschluss der Ver waltungsbeschwerdeinstanz vom 10. September 1975 aufhob, sich trotzdem veranlasst gesehen hat, der Frage der Verfassungsgemässheit des Art. 985 Ziff. 5 PGR näherzu treten. Vgl. dazu auch vorne S. 207 f. 2.2 StGH 1980/7, Entscheidung vom 10. November 1980, LES 1982, S. 1 (3). 2.3 StGH 1993/19, Urteil vom 16. Dezember 1993 (nicht veröffentlicht), S. 18 f./Ziff. 7. Er rechtfertigt die amtswegige Prüfung damit, dass, wenn begründete Bedenken einer Ver fassungs- bzw. Konventionswidrigkeit bestünden, eine Kassation "präjudizielle Wir kung" für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hätte. Dagegen besteht nach StGH 1982/65, Urteil vom 9. Februar 1983, LES 1/1984, S. 1 (3), kein Anlass zu einer amtswegigen Prüfung im Sinn von Art. 24 Abs. 3 StGHG, "wenn Bedenken gegen die Verfassungsmässigkeit des vom Gericht angewendeten Gesetzes nicht obwalten.' Vgl. auch StGH 1987/8, Urteil vom 10. November 1987, LES 3/1988, S. 92 (93). StGH 1985/11/V, Urteil vom 10. November 1987, LES 3/1988, S. 88 (89). 281