Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Staatsverträge werden.226 Diese Prüfungstätigkeit scheint in der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes auch unter dem Begriff der "Entsprechung"227 
von Gesetzen und Verordnungen gegenüber beziehungsweise der "Über­ einstimmung"228 mit völkerrechtlichen Vorschriften auf, die seine ver­ fassungsgerichtliche Prüfungskompetenz "einschliesst", so dass die Konventionswidrigkeit deren Aufhebung zur Folge hat.229 Dies setzt voraus, dass einerseits über die Rangordnung eines Staatsvertrages im innerstaatlichen Recht und andererseits über die Qualität seiner ver­ bindenden Kraft Klarheit herrscht, das heisst, ob der Staatsvertrag un­ mittelbar anwendbar ist oder nicht. Der Staatsgerichtshof umschreibt diesen Vorgang in StGH 1978/8230 dahingehend, dass es am Inhalt des Staatsvertrages zu prüfen sei, ob er unmittelbar anwendbares Recht oder nur eine die gesetzgebenden Organe treffende Verpflichtung ent­ halte, die bestehende Rechtsordnung dem Staatsvertrag anzupassen, soweit sie mit ihm nicht übereinstimme, und in Zukunft keine Rechts­ vorschriften zu erlassen, die dem Staatsvertrag widersprächen. Denn unmittelbar anwendbare ("seif executing") Staatsverträge gelten wie ** Vgl. etwa StGH 1990/17, Urteil vom 29. Oktober 1991, LES 1/1992, S. 12 (13 und 19), wo der Staatsgerichtshof sagt, dass die Regelung des § 30 Abs. 2 dritter Satz StPO "in der durch die ausgesprochene Kassation der Einschränkung nun geltenden Fassung" den Anforderungen von Art. 6 EMRK entspreche. Siehe auch StGH 1989/8, Urteil vom 3. November 1989, LES 2/1990, S. 60 (63). Der Staatsgerichtshof schliesst eine Konventionswidrigkeit (Art. 6 EMRK) von § 486 (alt) StG aus und gibt zu verstehen, dass er keinen Anlass gefunden habe, Prüfung der Verfassungs- oder Konventions- mässigkeit beim Staatsgerichtshof von Amts wegen zu beantragen. Vgl. im weiteren Hilmar Hoch, Verfassung- und Gesetzgebung, S. 208. Für die Schweiz führt Walter Kälin, in: Rainer J. Schweizer (Hrsg.), Reform der Bundesgerichtsbarkeit, S. 198, aus, dass bekanntlich die Strassburger Organe Bundesgesetze auf ihre Vereinbarkeit mit der EMRK ungeachtet von Art. 113 Abs. 3 BV voll überprüfen könnten. Angesichts dieser Situation sei das Bundesgericht nun seit BGE 117 1b 373 bereit, Bundesgesetze auf ihre EMRK-Konformität hin zu überprüfen. Das bedeute aber im Effekt nichts anderes, als dass die Verfassungsgerichtsbarkeit im Grundrechtsbereich faktisch heute bereits zu einem grossen Teil eingeführt sei. 227 StGH 1993/18 und 19, Urteil vom 16. Dezember 1993, LES 2/1994, S. 54 (58). 228 StGH 1996/34, Urteil vom 24. April 1997, LES 2/1998, S. 74 (80). Hier folgert der Staatsgerichtshof aus dem verfassungsändernden bzw. -ergänzenden Charakter des EWR-Abkommens, dass er seine Normenkontrollfunktion auch in bezug auf die Übereinstimmung innerstaatlicher Gesetze und Verordnungen mit dem EWR-Recht wahrzunehmen habe. 229 Vgl. StGH 1978/8, Entscheidung vom 11. Oktober 1978, LES 1981, S. 5 (7). Diese Entscheidung ist unter die frühere Judikatur einzureihen. • 230 StGH 1978/8, Entscheidung vom 11. Oktober 1978, LES 1981, S. 5 (6). 265
	        

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