Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gegenstand, Umfang und Massstab der Normenkontrolle mässigkeit überprüft hatte. Hier kam er zum Schluss, dass sie Durch­ führungsbestimmungen zum Grundverkehrsgesetz enthielten und somit Verordnungscharakter annähmen, auch wenn - wie er resümierte - Richtlinien nach allgemeiner Auffassung keine Verordnungen im juristi­ schen Sinn, sondern eher interne Weisungen seien. In einem solchen Fall habe er sie, wenn sie einer Entscheidung unterstellt werden, auf ihre Ge­ setzmässigkeit zu überprüfen. Im gleichen Sinn äusserte sich der Staats­ gerichtshof in StGH 1996/1 und 2175. Auch hier stellte er fest, dass die Richtlinien der Regierung für die Zulassung zum allgemein beeideten Dolmetscher und Ubersetzer für das Gebiet des Fürstentums Liechten­ stein nicht nur verwaltungsinterne Weisungen darstellten, sondern "be­ trächtliche" Aussenwirkungen hätten. Sie besässen deshalb Rechtssatz­ charakter und seien materiell als Rechtsverordnungen zu qualifizieren. Folglich seien sie von ihm antragsgemäss auf ihre Gesetzes- und Verfas­ sungsmässigkeit zu überprüfen. Aussenwirkungen zeitigte auch die Notfalldienstordnung des Ärztevereins vom 1. Dezember 1977, obwohl sie der Staatsgerichtshof in StGH 1978/12176 wegen ihres "individuali­ sierten" Charakters nicht zu den Verordnungen zählte. Er charakteri­ sierte sie als "Allgemeinverfügung", da sie wohl der Form nach generell gehalten sei, sich in Wirklichkeit aber an einen Kreis von nicht zwei Dutzend namentlich bekannten Adressaten richte. Der Staatsgerichtshof hat sie in Prüfung gezogen und sie in der Folge als verfassungs- und gesetzwidrig aufgehoben. Auffallend ist bei all diesen zur Sprache gebrachten und vom Staats­ gerichtshof geprüften "Verwaltungsverordnungen", dass sie nicht im Landesgesetzblatt kundgemacht worden sind,177 und dies mitunter auch ein Grund verfassungsrechtlicher Beanstandung gewesen ist.178 175 StGH 1996/1 und 2, Urteil vom 25. Oktober 1996, LES 3/1998, S. 123 (124 f.). Im Unterschied zu StGH 1973/5 hat der Staatsgerichtshof hier die Richtlinien formell auf­ gehoben, obwohl sie auch nicht publiziert worden sind. Von einer Kundmachung der Aufhebung sieht er allerdings ab, da sie weder "nötig noch sinnvoll" sei, nachdem der Erlass der Richtlinien nie im Landesgesetzblatt veröffentlicht worden sei. Zur Kassa­ tion siehe hinten S. 303. 176 StGH 1978/12, Entscheidung vom 11. Dezember 1978 (nicht veröffentlicht), S. 8. 177 In StGH-Gutachten 1983/11, Gutachten vom 30. April 1984 (nicht veröffentlicht), S. 5, hält der Staatsgerichtshof fest, dass allgemeine rechtsstaatliche Erfordernisse die Veröf­ fentlichung aller Rechtsverordnungen im Landesgesetzblatt erheische, wie dies übri­ gens auch in Art. 3 Bst. h des Kundmachungsgesetzes, LGBI 1985 Nr. 41, vorgeschrie­ ben worden ist. 178 So ausdrücklich in StGH 1996/1 und 2, Urteil vom 25. Oktober 1996, LES 3/1998, S. 123 (125). 254
	        

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