Gegenstand, Umfang und Massstab der Normenkontrolle b) Motive des Gesetzgebers Mit dieser gesetzlichen Regelung sollten unter anderem die vom Staats gerichtshof in seinem Gutachten vom 6. März 1987115 geäusserten Zwei fel über seine Zuständigkeit, Volksinitiativen auf ihre Verfassungsmäs sigkeit zu prüfen, beseitigt werden. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, den Initianten das Prozedere der Unterschriftensammlung zu er sparen, wenn sich schon bei der Anmeldung der Initiative herausstellt, dass sie mit der Verfassung und den bestehenden Staatsverträgen nicht übereinstimmt.116 Darüber befindet der Landtag als Legislativorgan. Wenn gegen die Nichtigerklärung des Landtages Beschwerde erhoben wird, kann der Staatsgerichtshof korrigierend eingreifen, sollte sich die "Bewertung" der Verfassungs- und Staatsvertragswidrigkeit durch den Landtag als unzutreffend erweisen.117 c) Problematik Die Problematik dieses Vorgehens liegt darin, dass es sich bei angemel deten Initiativen weder um zustande gekommene Initiativen noch um existentes Recht handelt, so dass deren Überprüfung durch den Staats gerichtshof im Bereich der präventiven Normenkontrolle anzusiedeln ist. Vor Änderung der Gesetzeslage 1992 sind zu Fragen der Verfas- 115 StGH 1986/10, Gutachten vom 6. März 1987, LES 4/1987, S. 148 (153). 116 Siehe Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag zur Abänderung des Volks rechtegesetzes, Nr. 48/1992, S. 4. 117 StGH 1986/10, Gutachten vom 6. März 1987, LES 4/1987, S. 148 (153). Für die Schweiz äussert Yvo Hangartner, Ausbau der Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 1022, Be denken. Er findet es problematisch, wenn die Bundesversammlung der Ansicht sein müsse, die Volksinitiative entspreche nicht den für sie geltenden Regeln. Aus Gründen der Flexibilität und zur Schonung des Prestiges der Bundesversammlung wäre es ange messener, die Weiterleitung an das Bundesgericht bereits vorzusehen, wenn die Bun desversammlung durch Bundesbeschluss Zweifel darüber ausspreche, ob die Initiative den materiellen Voraussetzungen entspreche. Das liechtensteinische Verfahren unter scheidet sich allerdings von diesem schweizerischen in der Hinsicht, dass die "mate riellen Voraussetzungen" (Verfassungs- und Staatsvertragskonformität nach Art. 70b VRG) nicht die gleichen sind und ihre Prüfung in einem sogenannten Vorverfahren stattfindet, das vor dem Zustandekommen einer Volksinitiative durchgeführt wird. Nach Gustav Lichtenberger, Das Verhältnis der Landesverfassungsgerichtsbarkeit des bayerischen Verfassungsgerichtshofs zur Verfassungsgerichtsbarkeit des Bundes, in: Michael Piazolo (Hrsg.), Das Bundesverfassungsgericht. Ein Gericht im Schnittpunkt von Recht und Politik (Tutzinger Schriften zur Politik; Bd. 3), Mainz/München 1995, S. 75 (85), hat auch der bayerische Verfassungsgerichtshof gemäss Art. 65 LWG unter bestimmten Umständen über die Zulassung von Volksbegehren zu entscheiden. 238