Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gegenstand, Umfang und. Massstab der Normenkontrolle den, wie dies bei den Finanzbeschlüssen oder Voranschlägen, die als Anhang der jährlichen Finanzgesetze des Landtages ergehen,17 der Fall ist, der verfassungsgerichtlichen Normprüfung zugänglich sind. Von den "formellen Gesetzen"18 werden in Lehre und Rechtspre­ chung die materiellen Gesetze unterschieden und sie einander gegen­ übergestellt.19 Gesetze im formellen Sinn sind durch das vorhin ge­ nannte besondere (formelle) Gesetzgebungsverfahren gekennzeichnet. Der Inhalt ist nicht massgebend.20 Unter Gesetz im materiellen Sinn versteht das Gutachten StGH 1/29 vom 22. Juni 193521 ein Gesetz, das "objektives Recht" schaffen soll.22 In diesem Sinn gebraucht der 17 Vgl. die Beispiele solcher Gesetze bei Thomas Allgäuer, Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürstentum Liechtenstein, S. 187; für Deutschland meint Klaus Schiaich, Das Bundesverfassungsgericht, S. 94/Rdnr. 133, dass Haushaltsgesetze als for­ melle Gesetze an sich vorlagefähig seien, mangels Aussenwirkung aber für die Entschei­ dung eines Einzelfalls in der Regel nicht entscheidungserheblich seien, so dass die Vor­ lage unzulässig sei. 18 Vgl. StGH 1986/9, Urteil vom 5. Mai 1987, S. 145 (147), wo der Staatsgerichtshof fest­ hält, dass es dem Gesetzgeber angesichts der Anzahl und Vielfältigkeit der zu regelnden Verhältnisse und der stetigen Anpassungsbedürftigkeit unmöglich sei, alle öffentlichen Gebühren durch Gesetz im "formellen Sinn" zu ordnen. Insoweit dürfe das Legalitäts­ prinzip dort eine Lockerung erfahren, wo eine Uberprüfung der Gebühr auf ihre Recht­ mässigkeit anhand verfassungsrechtlicher Prinzipien offenstehe. Der Begriff des "for­ mellen Gesetzes" findet sich schon in der StGH-Entscheidung vom 4. Dezember 1947, ELG 1946/47, Beilage zum Rechenschaftsbericht 1947, S. 26 (31). 19 Vgl. Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 44 f. 20 So Andreas Kley, Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts, S. 44 mit Hin­ weisen. 21 StGH 1/29, Gutachten vom 22. Juni 1935 (nicht veröffentlicht), S. 2. Dort führt der Staatsgerichtshof aus, dass nach Art. 64 der Verfassung und Art. 35 des Gesetzes vom 31. August 1922, LGB1 Nr. 28, das Recht der Volksinitiative, soweit sich dasselbe auf die Gesetzgebung beziehe, das Begehren auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung eines Gesetzes umfasse. Sowohl das erwähnte Gesetz wie die Verfassung schränkten das Recht zur Initiative nicht auf Gesetze im materiellen Sinn ein, also auf Gesetze, die objektives Recht schaffen sollen. Das Initiativrecht könne daher in allen Angele­ genheiten ergriffen werden, welche nach der Verfassung durch Gesetze geregelt wer­ den könnten. 22 Vgl. auch StGH 1984/2/V, Urteil vom 15. Februar 1985, LES 3/1985, S. 72 (75), wo der Staatsgerichtshof erklärt, dass unter Gesetz im Sinn von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 des (inzwischen aufgehobenen) Gemeindegesetzes, LGB1 1960 Nr. 2, jede im Fürstentum Liechtenstein geltende Norm des objektiven Rechtes zu verstehen sei. Sinn der Bestimmung sei, die Ausübung der demokratischen Rechte gleich jeder anderen Tätig­ keit in den Schranken des Rechtes zu halten. Dies sei eine elementare rechtsstaatliche Forderung. Dabei spiele keine Rolle, auf welcher Stufe der Rechtsordnung die Norm verankert sei und ob sie dem gesetzten Recht (Erlasse, rechtssetzende Staatsverträge) oder dem nichtgesetzten Recht (Gewohnheitsrecht, allgemeine Rechtsgrundsätze) angehöre. 214
	        

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