Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Gesetze Diese unterschiedliche Betrachtungsweise könnte allerdings Auswir­ kungen auf die Normenkontrolle haben, wenn man mit einem engen Gesetzesbegriff auch zum Ausdruck bringen wollte, die als Parlaments­ verordnungen qualifizierten Gesetze seien unter der Stufe von (einfa­ chen) Gesetzen anzusiedeln. Äusserungen in diese Richtung sind im Schrifttum von keiner Seite gemacht worden. Jedenfalls erklärt auch Andreas Schurti6, dass die als dringlich erklärten Gesetze "unbezweifel- bar" zu den Gesetzen zu zählen seien. Der Staatsgerichtshof hat sich bis­ her in seiner Praxis mit dieser Frage noch nicht befasst. Würde man die Referendumspflichtigkeit zu einem wesensnotwendigen beziehungs­ weise konstitutiven Anforderungsprofil eines Gesetzes rechnen, könnte es fraglich sein, ob solche als Parlamentsverordnungen gehaltene Ge­ setze dem Normenkoritrollregime des Staatsgerichtshofes nach Art. 104 Abs. 2 der Verfassung unterstehen.7 Für das Gesetzgebungsverfahren kann aber die Referendumsmög­ lichkeit nicht konstitutiv sein. Es wird dafür ins Treffen geführt, dass, anders als im schweizerischen Bundesstaatsrecht, in Liechtenstein dring­ lich erklärte Gesetze keiner zeitlichen Beschränkung unterliegen.8 Es liegt in der Allein-Kompetenz des Landtags gemäss Art. 66 Abs. 1 der Verfassung, ein Referendum beziehungsweise eine Volksabstimmung durch Dringlichkeitsbeschluss von Beschlüssen über Verfassungsgesetze und Gesetze auszuschalten9. Dazu kommt, dass an der liechtensteini­ schen Gesetzgebung mehrere Verfassungsorgane beteiligt sind. Dieses Zusammenwirken der Gesetzgebungsorgane beziehungsweise "Zustän- digkeitszuteilungen"10 
zwischen Volk, Landtag und Fürst wird als typi­ sches Merkmal der liechtensteinischen Mischverfassung angesehen. Dieser Umstand verbietet es, die Referendumsmöglichkeit als "unerläss­ 6 Andreas Schurti, Das Verordnungsrecht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, S. 381. 7 Zu den Landtagsbeschlüssen siehe hinten S. 231 ff. 8 So Michael Ritter, Rezension der Dissertation von Andreas Schurti, Das Verordnungs­ recht der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, in: LJZ 1989, S. 82. 9 So Gerard Batliner, Aktuelle Fragen des liechtensteinischen Verfassungsrechts, S. 39/ Rdnr. 68. 10 Dieser Begriff ist Gerard Batliner, Aktuelle Fragen des liechtensteinischen Verfassungs­ rechts, S. 40/Rdnr. 70, entnommen. Edwin Loebenstein, Ausgewählte Besonderheiten in der liechtensteinischen Verfassung, S. 10, spricht in etwas verkürzter Weise davon, dass die Funktion der Gesetzgebung auf ein "in der Verbindung von Monarch und Par­ lament bestehendes, also ein zusammengesetztes Organ übertragen" sei. 211
	        

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