Volltext: Die Normenkontrolle im liechtensteinischen Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes

Abstrakte Normenkontrolle III. Antragsrecht und auch Antragspflicht bei Gesetzen?149 1. Neue Praxis des Staatsgerichtshofes Die Antragstellung steht nach Art. 24 Abs. 1 StGHG im Ermessen der Regierung oder einer Gemeindevertretung.150 Dieses Antragsrecht wird vom Staatsgerichtshof im "Extremfall" zu einer Antragspflicht umge­ deutet beziehungsweise in ausgreifender Weise erweitert. Er vertritt nämlich in StGH 1995/30151 
den Standpunkt, dass nach Artikel 24 StGHG trotz der Ausformulierung dieses Artikels als Kann-Bestim­ mung von Amts wegen eine Pflicht zur Einleitung eines Gesetzesprü­ fungsverfahrens bestehe, wenn an der Verfassungsmässigkeit einer anzu­ wendenden Norm ernsthafte Zweifel auftreten oder die Verfassungs­ widrigkeit sogar offensichtlich erscheine. Der Staatsgerichtshof setzt sich in diesem Fall bewusst über die Kann-Bestimmung des Art. 24 Abs. 1 StGHG hinweg. Eine plausible Erklärung gibt er nicht, wie er sich auch einer eingehenden Auseinandersetzung enthält. Er verweist lediglich auf die "analogen" Ausführungen in seinem Urteil StGH 1995/20152, das im konkreten Normenkontrollverfahren auf Verfas­ sungsbeschwerde hin ergangen ist, nachdem es die mit dem betreffenden Fall befassten Gerichtsinstanzen trotz Vorliegens eines Unterbrechungs­ antrages unterlassen hatten, den Staatsgerichtshof im Sinn von Art. 28 Abs. 2 StGHG anzurufen. Er folgert dort aus seiner gemäss Art. 104 Abs. 2 der Verfassung alleinigen Kompetenz zur Prüfung der Verfas­ sungsmässigkeit von Gesetzen und Verordnungen eine einschränkende Interpretation der "Kann-Bestimmung" in Art. 28 Abs. 2 StGHG. Der Staatsgerichtshof gibt zu verstehen, dass immer dann, wenn eine Ge­ richtsinstanz Zweifel an der Verfassungsmässigkeit eines Gesetzes oder einer Verordnung habe, sie zur Verfahrensunterbrechung verpflichtet sei. Denn a fortiori müsse es allein dem Staatsgerichtshof überlassen sein 149 Zu dieser Thematik finden sich im Zusammenhang mit der konkreten Normenkon­ trolle z.T. gleiche, soweit es die beiden Rechtsinstitute zulassen, und z.T. ergänzende und weiterführende Überlegungen. Siehe hinten S. 183 ff. 150 Zur Rechtslage in Osterreich siehe Heinz Mayer, Das österreichische Bundes-Verfas- sungsrecht, S. 331 zu Art. 139 B-VG und S. 338 zu Art. 140 B-VG. 151 StGH 1995/30, Urteil vom 30. August 1996 als Verwaltungsgerichtshof, LES 3/1997, S. 159 (161). Wie aus dem Original ersichtlich ist, hat hier der Staatsgerichtshof als Ver­ waltungsgerichtshof entschieden. In der publizierten Entscheidung scheint der Staats­ gerichtshof als Verfassungsgerichtshof auf. StGH 1995/20, Urteil vom 24. Mai 1996, LES 1/1997, S. 30 (39). 157
	        

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