Volltext: Das Fürstentum Liechtenstein von aussen betrachtet

Industrie, Wirtschaft und Finanzen im Image von Liechtenstein das Land lediglich von fern kennen. Genauso beim Thema "Briefkasten­ firmen", wo der Abstand zwischen den Kennern und denen, die sich Liechtenstein nur vorstellen, sogar besonders gross ist: 41 zu 60 Prozent. Für die Erfassung der Antworten auf die offene Frage, bei der es keine Erinnerungsstützen gab, wurde ein Raster entworfen, in dem die ge­ nannten Assoziationen zu Wirtschaft und Finanzen nach positiven und negativen Elementen getrennt waren: Entsprechend der allgemein ver­ breiteten Einschätzung wurden die Gedanken an die Steuerflucht und an die "Briefkastenfirmen" den negativen Gesichtspunkten zugeordnet und die Erwähnung der liechtensteinischen Steuervorteile den positiven. Selbst noch in dieser Gliederung der Antworten, die relativ grosszü­ gig mit der Zuordnung zur Negativ-Kategorie war, zeigte sich eine deut­ lich grössere Verbreitung der positiven Assoziationen gegenüber den negativen (Schaubild 20). Aber damit noch nicht genug: Die Erwartung, dass die Vorstellungen "Steuerflucht" und "Briefkastenfirmen" die Einstellungen zu Liechten­ stein beeinträchtigen, bestätigt sich nicht. Zwischen Befragten, die diese Elemente auswählen, und anderen gibt es bei den Sympathien für das Fürstentum in fast allen Ländern kaum einen Unterschied. Besonders diejenigen, die "Gut für seriöse Geldanlagen" erklären, die potentiellen Anleger also, lassen sich durch die Vorstellungen von Steuerflucht und Sitzgesellschaften nicht in ihrer ohnehin überdurchschnittlichen Zunei­ gung für das Fürstentum beirren. "Briefkastenfirmen" und seriöse Geld­ anlagen bedeuten für sie wie für die grosse Mehrheit der Befragten über­ raschenderweise keine Gegensätze (Tabelle 19). Auch das gehört zu den unerwarteten Befunden der Umfrage: Die Sympathien für das Fürstentum werden durch die Vorstellungen "Steuerflucht" oder "Briefkastenfirmen" insgesamt nicht beeinträchtigt. Zwar weiss man aus anderen Umfragen, dass sich starke Affekte gegen denjenigen richten, der sich der Steuer entzieht - wenn er denn promi­ nent ist.19 Und angesichts eines schlagzeilenträchtigen Falles mag sich ein Teil der Ressentiments kurzfristig auch auf den Ort übertragen, an den 19 Im November 1995 wurde die Einstellung der deutschen Bevölkerung zum Fall Graf erKoben. Peter Graf, der Vater der Tennisspielerin, sass zu diesem Zeitpunkt seit einem halben Jahr in Untersuchungshaft. Gleichwohl waren 75 Prozent der deutschen Bevöl­ kerung der Meinung, dass die Behörden bei einem weniger prominenten Steuersünder "wesentlich härter" reagieren würden. Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6023/1. 61
	        

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