Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

mäßigen Ansprüche enterbt und beraubt 
wurde, am Ende noch zur Thüre hinausge- 
wiesenwerde. 
Wenn nun die öffentliche Meinung in Bünden nnd 
seine Landesbehörden das kirchliche Anrecht auf Gleich 
berechtigung an Liechtenstein zu verkennen scheinen, so 
dürfte man doch der Hoffnung sich hingeben, daß we 
nigstens die kirchlichen Oderbehörden die gerechten An 
sprüche dieses Landes berücksichtigen würden und es nicht 
Verschmähten, von Zeit zu Zeit einen kirchlichen Wür 
denträger an der ehrwürdigen Kathedrale von St. Luzi 
zu haben. 
Es wäre sowohl für das Bisthnm als für Liechten 
stein von besonderem Vortheile, wenn ein Liechtensteiner 
für die kirchlichen Rechte des Bisthums und seines Lan 
des gegenüber ungerechten und einseitigen Forderungen 
gewisser Behörden eintreten könnte. Es mag wohl wahr 
sein, daß Liechtenstein allzu klein ist, um immer einen 
Kirchenleuchter aufweisen zu können. Wir glauben, 
aber, daß Liechtenstein gerade in der Gegenwart einen 
Mann vorweisen kann, der durch Verdienste und Kennt 
nisse auf politischem und kirchlichem Felde einem Jeden 
zur Seite gestellt werden kann. Darum hat auch Fürst 
und Land dessen Beförderung schon lange gewünscht und 
befürwortet. Ueber 200 Jahre hat Liechtenstein keinen 
residirenden Domherrn gehabt und wird es auch diesmal 
übergangen, so kann es sich wohl wieder auf ein paar 
Jahrhunderte vertrösten. Sage uns nun zur Güte die 
„kiKia Ariseka" offenherzig: Gegen welchen Theil im 
Bisthume hat man allseitig die ungleiche Elle ge 
braucht? Wir sind da unten und wünschten, daß man 
auch dort oben gerecht und billig urtheilen würde. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Baduz, am 24. Oct. Heute beginnt hier die Wein 
lese bei sehr günstiger Witterung; die Aussichten der 
Weinbergsbesitzer sind vollkommen zufriedenstellend, mehr 
noch in Qualität als in Quantität.' 
Am 23. Oct. wurde die diesjährige Landtagssession 
geschlossen. 
In Wien werden bereits Vorbereitungen sür das 
nächstes Jahr dort abzuhaltende dritte deutsche Bundes 
schießen getroffen; zum Festplatz ist der Prater bestimmt. 
Eine arme Beamtenwittwe in Wien, die von fl. 
200 Pension lebte, gewann am 1. Oktober fl. 20,000 
bei den Creditloosen. Sie war so freudig ergriffen, daß 
sie sofort 10,000 Gulden an bedürftige Bekannte, und 
an Wohlthätigkeitsanstalten vertheilte. Von dem Reste, 
sagte sie, könne sie herrlich leben. 
Einem bekannten Haus in Zürich wurde in der heu 
rigen Cholerazeit von Schaffbausen aus eine Bestellung 
von Eisenblech gemacht, unter der ausdrücklichen Be 
dingung, daß das Eisenblech vor seiner Versendung des- 
insizirt werde! / 
Zwischen Nordamerika und der Schweiz wurde 
ein PostVertrag abgeschlossen, wonach ein Brief von 15 
Gramm (i Lth.) für 80 Rappen spedirt wird, während 
bis heute ein Brief von 7^ Gramm 1 Fr. 10 Rp. ko 
stet. Auch Geldanweisungen bis zum Belaufe von 50 
Dollar können durch die Post gemacht werden. — Diese 
Erleichterung wird auch vielen Liechtensteinern zu gut 
kommen, da viele ihre Korrespondenzen durch die schwei 
zer Post befördern lassen. 
Eine thüringsche (Dorf-) Zeitung schreibt: Mit Hülfe 
der Buchhändler welden die großen deutschen Geister 
bald in jedes Haus einziehen. Herr von Cotta in Stutt 
gart kündigt Schillers Werke für 1 Thaler, GötheS für 
3^/2 Thaler an; das Bibliographische Institut in Hild 
burghausen veranstaltet sehr schöne und billige Volksaus 
gaben der besten deutschen Schriftsteller. In einer Zeit, 
da die Soldaten so unerschwinglich theuer werden, ist es 
doppelt erfreulich, daß die großen Geister so billig und 
volkssrenndlich werden. 
Den vereinten Anstrengungen der Polizeibeamten von 
Konstanz und Tägerweilen gelang es im Laufe der ver 
flossenen Woche, in Konstanz eine kleine Falschmünzer- 
bande zu entdecken und drei Individuen (Joh. Wyler 
von Tägerweilen, Laver Münch und dessen Frau Liebste 
von Konstanz), welche sich mit der Anfertigung von 
„schweizerischen" Halbfranken-, Einfranken- und Zwei 
frankenstücken und „östreichischen" Gulden befaßten, 
hinter Schloß und Riegel zu bringen. Ob sich bei dem 
Unternehmen noch weitere Personen betheiligt haben, wird 
die eingeleitete Strafuntersuchung zeigen. 
Sehr bezeichnend! Auf seiner Heimreise von Süd 
deutschland kam der König von Preußen auch durch 
Meiningen (begreiflich nicht das Vorarlberger) und stieg 
aus um — die neue Easerne zu inspiciren! 
Auch eine Meinung über Krieg und Frieden. Ein 
.kluger Mann, der längere Zeit feines Lebens in Paris 
lebte, kam jüngst durch Dresden und fand die bepickel- 
hanbten Bläuröcke, die auf ihren Achselklappen die norV» 
deutsche RegimentSnummer 101 tragen. — „Ja, ja, 
101 — und da glauben sie noch immer, Er würde eS 
auf einen Krieg ankommen lassen, Er würde im näch 
sten Jahre die deutsche Kriegswuth gegen sich heraufbe 
schwören und das 50-Millionenreich gegen sich in Marsch 
setzen. Sie kennen ihn nicht, die das glauben. Auf 
die Gefahr hin verlacht zu werden von superklugen Po 
litikern, die das Gras der Weltgeschichte wachsen hören, 
sagt Euch Einer, der 10 Jahre hindurch Louis Napo 
leon studirt hat: Geht ruhig euern Geschäften nach, 
1868 wird ebenso friedlich sein, wie das Jahr 1867 
allen schlimmen Propheten zum Trotz, friedlich ausklingt; 
101 — das sagt alles!" 
Möge der zuversichtliche Prophet oben tn'umphiren 
über die am französischen Horizonte aufsteigenden Wol 
ken, die in den Zeitungen schwarze Schatten werfen. 
Ein Mißverständnis. In Ofen ereignete sich fol 
gende tragikomische Geschichte: Ein Taglöhner kaufte 
von einem Militär-Urlauber, als er eben von der Arbeit 
nach Hause ging, eine silberne Uhr nach alter Form um 
den Preis von drei Gulden und ebenso viele Halbe 
Wein. Es war schon spät, als sich die Beiden trenn 
ten, und fand der Taglöhner, zu Hause angelangt, seine 
Ehehälfte in tiefem Schlummer. Um sie nicht zu stören 
und keinen Vorwürfen wegen des spaten Rachhausekom-
	        

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