Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

Die Debatte über diesen Gegenstand erörterte im All 
gemeinen die längst vorgebrachten Gründe für und ge 
gen diese Maßregel. Von 2 Abgeordneten (Geistlichen) 
wurde die Nothwendigkeit dieser Abschaffung bestritten, 
etwa in folgender Weise: Es ist auffallend, daß man 
bei uns im Lande diesen Antrag einbringen konnte. Der 
selbe ist aus keinem Grunde gerechtfertigt. Man ver 
weist auf andere Staaten.- auf Frankreich, Belgien, als 
die vorgeschrittensten Staaten. Nun in Frankreich hat 
man nicht nur die Feiertage abgeschafft, sondern auch 
den Herrgott. Dann verweist man uns auf Belgien. 
Da ist allgemein bekannt, daß dort die Freimaurer das 
Regiment führen, und was diese thun, das soll uns 
nicht als Maßstab dienen. Dann verweist man auf 
die Schweiz. Wie es dort zugegangen ist in Bezug auf 
die Herabwürdigung der Feiertage weiß man auch. Es 
gibt dort reiche Fabrikanten, besonders protestantische, die 
die Regierung in der Gewalt haben und die es durch 
gesetzt haben, daß die Bischöfe in dieser Frage nachgeben 
mußten. Sie willigten aber besonders deshalb ein, weil 
in der Schweiz ein Theil der Bevölkerung protestantisch 
ist. Wir sind ein rein katholisches Land und wollen 
uns von andern nichts vorschreiben lassen. 
Es heißt auch, die Feiertage seien eine Quelle der 
Armuth, abgesehen davon, daß dies der christl. Anschauung 
widerspricht, so wäre zu fragen, ob es z. B. in Frank 
reich, wo die Sonn- und Feiertage sogar abgeschafft 
werden, besser ist. Gerade dort hat die Regierung ihre 
Noth mit den Arbeitern, da hat man Arbeiter genug, 
aber zuwenig Arbeit. Man sagt auch bei uns erfordere 
es die nölhige Arbeit, daß ein Theil der Feiertage ab 
geschafft werde. Und doch schicken wir jährlich noch eine 
große Menge junger Leute in die Fremde. Auch dort 
hören wir nicht über Mangel an Arbeitern, wohl aber 
über Mangel an Arbeit klagen. Dann hat man das 
Feiertagsleben ein müßiges genannt. Nun, wenn ich 
selbst an Sonn- und Feiertagen müßig gehe, so darf 
ich nicht also schließen auf andere. Es ist eine Ver- 
läumdung für unser gläubiges Volk. Unser Volk ist 
ein gläubiges, ibm gilt betm, sich mit dem Ewigen be 
schäftigen auch für Arbeit und zwar für eine sehr nütz 
liche. Endlich glauben wir, daß, wenn der Landtag 
diesen Antrag annimmt: das Volk sagen wird: Meine 
Herren wir haben Sie gewählt uns weise Gesetze zu 
geben', den Wohlstand des Landes zu förden, nicht aber, 
uns die Feiertage zu nehmen. 
Dem entgegnen nun andere Abgeordnete, daß es doch 
wohl einleuchte, wie man in 6 Tagen mehr zu arbeiten 
vermöge als in 4. Es gebe ein Gebot des H^rrn : Du 
sollst im Schweiße deines Angesichts dein Brod essen, 
d. h. du sollst arbeiten und essen. Nun, die Ansicht 
welche sich in vorliegendem Antrage ausspreche heißt: 
man wolle mchr arbeiten um essen zu können. Die 
Arbeit ist eine Pflicht — sie ist eine Tugend, sie macht 
ven Menschen erst zu dem was er ist — der Wilde ar 
beitet nlcht. Die Arbeit ist aber auch ein Recht. Es 
kann Jeder fordern, laßt* mich arbeiten, damit ich essen 
kann. Und es heißt: wer nicht arbeitet, der soll nicht 
essen. Es ist also nichts irreligiöses wenn wir unseren 
geistlichen Behörden erklären: wir haben zu wenig zu 
essen, darum laßt uns mehr arbeiten. Gerade die Her 
ren Geistlichen wissen, wie sehr in einzelnen Gemeinden 
unseres Landes die Zahl der Esser zunimmt, und wie 
sehr die Quellen der Nahrung dem gegenüber zurück 
bleiben. Man hat hier nicht gesagt, daß die Feiertage 
an und für sich Faulenztage seien. 
Liechtenstein und Bisthum Chur. 
Die „KiKia Si-iseks" vom Bündnerlande stellt in Nr. 
39 ihres Blattes ihre Beobachtungen über den Areopag 
der böhern Würdenträger im Bisthume Chur an und 
beklagt dabei namentlich, daß bei Vertheilung dieser 
Würden verschiedene Landestheile Bündens nicht genug 
berücksichtiget werden, indem das kleine katholische Thal 
von Oberhalbstein 2 residirende und 4 nichtresidirende 
Domherren auszuweisen habe. Gegen solche und ähn 
liche Beobachtungen der „I^ia SrZseka" hätten wir sicher 
nichts einzuwenden gehabt, wenn sie nur nicht in der 
allzu ängstlichen Fürsorge für ihren eigenen Herd aus 
wärtige Landestheile, die schon vor der li^i» Kl-iseka in 
Truns und seither immer zum Bisthume Chur gehörten, 
als Stiefkinder bezeichnet hätte. — Sie stellt nämlich, 
wie wir hören, das Fürstenthum Liechtenstein in gleiche 
Kategorie mit den Urkantonen, die seit ihrer Trennung 
vom Bisthume Basel unter die Administration des Bis- 
thumes Chur kamen und theilweise nur provisorisch sich 
demselben anschloßen. 
Das Fürstenthum Liechtenstein ist aber von der Wiege 
aus ein integrirender Theil des Bisthums Chur und 
mit den Landestheilen Bündens kirchlich ebensogut ver- 
schwistert, wie politisch in Chur-Rhätiens Vorzeit, was 
man aus den geschichtlichen Gemälden unseres sel. Men 
tors Rekt. Kaiser ersehen kann, und ist in tiefster Erge 
benheit bis auf den heutigen Tag demselben treu geblie 
ben. Doch der Sriseka" ist erwähnter Irrthum 
leicht zu verzeihen, da dort im Lande die höheren und 
höchsten Behörden kaum zu wissen scheinen, daß das 
Fürstenthum Liechtenstein ebenso gute Ansprüche als 
Bünden auf das Bisthum Chur hat. Oder wie wäre 
es denn möglich, daß von der Reformation an bis auf 
unsere Zeit bezüglich der Verwaltung des Bisthumes 
und der Berechtigungen seiner Würdenträger Verordnun 
gen gemacht wurden, zu deren Berathung Liechtenstein 
weder eingeladen noch berücksichtiget wurde? 
So soll z. B., um das Frühere zu übergehen, in letz 
ter Zeit das eorpus eatliolieum sich das Recht angemaßt 
haben, der bischösl. und Seminar-Verwaltung zuzumu- 
then, alle Kapitalien, die im Auslande liegen, einzuziehen 
und nur im Jnlande anzulegeu. 
Solche und ähnliche Uebergriffe müssen die Leiter deS 
Fürstentums Liechtenstein nothwendiger Weise auf den 
Gedanken bringen, noch zur rechten Zeit für das eigene 
Land und dessen Interessen zu sorgen und das, was noch 
vom Bisthume Chur im Lande sich vorfindet, als unab 
lösbar zu erklären, damit man nicht von heute auf mor 
gen in den Fall komme, die bittere Erfahrung machen 
zu müssen, daß man, nachdem man seiner recht- 
	        

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