Die Debatte über diesen Gegenstand erörterte im All
gemeinen die längst vorgebrachten Gründe für und ge
gen diese Maßregel. Von 2 Abgeordneten (Geistlichen)
wurde die Nothwendigkeit dieser Abschaffung bestritten,
etwa in folgender Weise: Es ist auffallend, daß man
bei uns im Lande diesen Antrag einbringen konnte. Der
selbe ist aus keinem Grunde gerechtfertigt. Man ver
weist auf andere Staaten.- auf Frankreich, Belgien, als
die vorgeschrittensten Staaten. Nun in Frankreich hat
man nicht nur die Feiertage abgeschafft, sondern auch
den Herrgott. Dann verweist man uns auf Belgien.
Da ist allgemein bekannt, daß dort die Freimaurer das
Regiment führen, und was diese thun, das soll uns
nicht als Maßstab dienen. Dann verweist man auf
die Schweiz. Wie es dort zugegangen ist in Bezug auf
die Herabwürdigung der Feiertage weiß man auch. Es
gibt dort reiche Fabrikanten, besonders protestantische, die
die Regierung in der Gewalt haben und die es durch
gesetzt haben, daß die Bischöfe in dieser Frage nachgeben
mußten. Sie willigten aber besonders deshalb ein, weil
in der Schweiz ein Theil der Bevölkerung protestantisch
ist. Wir sind ein rein katholisches Land und wollen
uns von andern nichts vorschreiben lassen.
Es heißt auch, die Feiertage seien eine Quelle der
Armuth, abgesehen davon, daß dies der christl. Anschauung
widerspricht, so wäre zu fragen, ob es z. B. in Frank
reich, wo die Sonn- und Feiertage sogar abgeschafft
werden, besser ist. Gerade dort hat die Regierung ihre
Noth mit den Arbeitern, da hat man Arbeiter genug,
aber zuwenig Arbeit. Man sagt auch bei uns erfordere
es die nölhige Arbeit, daß ein Theil der Feiertage ab
geschafft werde. Und doch schicken wir jährlich noch eine
große Menge junger Leute in die Fremde. Auch dort
hören wir nicht über Mangel an Arbeitern, wohl aber
über Mangel an Arbeit klagen. Dann hat man das
Feiertagsleben ein müßiges genannt. Nun, wenn ich
selbst an Sonn- und Feiertagen müßig gehe, so darf
ich nicht also schließen auf andere. Es ist eine Ver-
läumdung für unser gläubiges Volk. Unser Volk ist
ein gläubiges, ibm gilt betm, sich mit dem Ewigen be
schäftigen auch für Arbeit und zwar für eine sehr nütz
liche. Endlich glauben wir, daß, wenn der Landtag
diesen Antrag annimmt: das Volk sagen wird: Meine
Herren wir haben Sie gewählt uns weise Gesetze zu
geben', den Wohlstand des Landes zu förden, nicht aber,
uns die Feiertage zu nehmen.
Dem entgegnen nun andere Abgeordnete, daß es doch
wohl einleuchte, wie man in 6 Tagen mehr zu arbeiten
vermöge als in 4. Es gebe ein Gebot des H^rrn : Du
sollst im Schweiße deines Angesichts dein Brod essen,
d. h. du sollst arbeiten und essen. Nun, die Ansicht
welche sich in vorliegendem Antrage ausspreche heißt:
man wolle mchr arbeiten um essen zu können. Die
Arbeit ist eine Pflicht — sie ist eine Tugend, sie macht
ven Menschen erst zu dem was er ist — der Wilde ar
beitet nlcht. Die Arbeit ist aber auch ein Recht. Es
kann Jeder fordern, laßt* mich arbeiten, damit ich essen
kann. Und es heißt: wer nicht arbeitet, der soll nicht
essen. Es ist also nichts irreligiöses wenn wir unseren
geistlichen Behörden erklären: wir haben zu wenig zu
essen, darum laßt uns mehr arbeiten. Gerade die Her
ren Geistlichen wissen, wie sehr in einzelnen Gemeinden
unseres Landes die Zahl der Esser zunimmt, und wie
sehr die Quellen der Nahrung dem gegenüber zurück
bleiben. Man hat hier nicht gesagt, daß die Feiertage
an und für sich Faulenztage seien.
Liechtenstein und Bisthum Chur.
Die „KiKia Si-iseks" vom Bündnerlande stellt in Nr.
39 ihres Blattes ihre Beobachtungen über den Areopag
der böhern Würdenträger im Bisthume Chur an und
beklagt dabei namentlich, daß bei Vertheilung dieser
Würden verschiedene Landestheile Bündens nicht genug
berücksichtiget werden, indem das kleine katholische Thal
von Oberhalbstein 2 residirende und 4 nichtresidirende
Domherren auszuweisen habe. Gegen solche und ähn
liche Beobachtungen der „I^ia SrZseka" hätten wir sicher
nichts einzuwenden gehabt, wenn sie nur nicht in der
allzu ängstlichen Fürsorge für ihren eigenen Herd aus
wärtige Landestheile, die schon vor der li^i» Kl-iseka in
Truns und seither immer zum Bisthume Chur gehörten,
als Stiefkinder bezeichnet hätte. — Sie stellt nämlich,
wie wir hören, das Fürstenthum Liechtenstein in gleiche
Kategorie mit den Urkantonen, die seit ihrer Trennung
vom Bisthume Basel unter die Administration des Bis-
thumes Chur kamen und theilweise nur provisorisch sich
demselben anschloßen.
Das Fürstenthum Liechtenstein ist aber von der Wiege
aus ein integrirender Theil des Bisthums Chur und
mit den Landestheilen Bündens kirchlich ebensogut ver-
schwistert, wie politisch in Chur-Rhätiens Vorzeit, was
man aus den geschichtlichen Gemälden unseres sel. Men
tors Rekt. Kaiser ersehen kann, und ist in tiefster Erge
benheit bis auf den heutigen Tag demselben treu geblie
ben. Doch der Sriseka" ist erwähnter Irrthum
leicht zu verzeihen, da dort im Lande die höheren und
höchsten Behörden kaum zu wissen scheinen, daß das
Fürstenthum Liechtenstein ebenso gute Ansprüche als
Bünden auf das Bisthum Chur hat. Oder wie wäre
es denn möglich, daß von der Reformation an bis auf
unsere Zeit bezüglich der Verwaltung des Bisthumes
und der Berechtigungen seiner Würdenträger Verordnun
gen gemacht wurden, zu deren Berathung Liechtenstein
weder eingeladen noch berücksichtiget wurde?
So soll z. B., um das Frühere zu übergehen, in letz
ter Zeit das eorpus eatliolieum sich das Recht angemaßt
haben, der bischösl. und Seminar-Verwaltung zuzumu-
then, alle Kapitalien, die im Auslande liegen, einzuziehen
und nur im Jnlande anzulegeu.
Solche und ähnliche Uebergriffe müssen die Leiter deS
Fürstentums Liechtenstein nothwendiger Weise auf den
Gedanken bringen, noch zur rechten Zeit für das eigene
Land und dessen Interessen zu sorgen und das, was noch
vom Bisthume Chur im Lande sich vorfindet, als unab
lösbar zu erklären, damit man nicht von heute auf mor
gen in den Fall komme, die bittere Erfahrung machen
zu müssen, daß man, nachdem man seiner recht-