Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

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es für die Zeichnung des Schmucks und die Gruppirung 
Der Steine. 
Ich habe eine Tabaksdose bemerkt, deren Deckel eine 
Uhr enthielt; eine gleiche sowie eine Wanduhr mit sin 
gendem Vogel fand sich in Frankreichs Abtheilung, ist 
aber ein Produkt der Genfer Industrie. Auch von ver 
schiedenen anbetn Gegenständen nichtschweizerischer Ab 
theilungen wird behauptet, daß sie von Schweizern ver 
fertigt seien, so u. A. von zwei Dampfmaschinen für 
Schiffe, welche von eiiM der bedeutendsten Werkstätten 
Frankreichs ausgestellt werden. 
Bis jetzt hatten die Berge Neuenburgs den Ruf, bil 
lige Waaren zu liefern; ich habe nun gesehen, daß sie 
auch schön und gut arbeiten. Die Ausstellung von Gen 
fer Uhren ist reich und von gutem Geschmack, für die 
Qualität der Werke ist das vttllev äu lae äe ^loux das 
erste, 8t. l^'oix folgt nach. Die Musikdosen dieses letz 
tern Ortes emzück-'N die Sachkenner. 
Wir kommen nun zur Abtheilung der Möbel. Herr 
Heer Cramer von Lausanne ist der einzige Aussteller der 
schweizerischen Abtheilung Er erhielt die broncene Me 
daille für ein Bett und ein Ameublement gotique, in der 
gleichen Art, wie sie andere Länder ausgestellt haben. 
Der Styl Ludwigs XV. ist gegenwärtig sehr beliebt, 
möglich, daß er unseren Bedürfnissen besser entspricht, er 
ist billiger und läßt sich leichter in unsern an Raum et 
was beengten Zimmern verwenden. Der gothische Styl 
bietet mehr Spielraum für die Phantasie, daher ein bis 
zwei solche Möbel in einem Salon Ludwigs XV. Der 
AtlaS ist einer der beliebtesten Stoffe für Möbel und 
Behänge. Die chinesischen Behänge sind schön, frisch, 
glänzend, aber sie entbehren der Vollendung; man findet 
- immerhin mittelmäßige Arbeit, die Zeichnungen sind oft 
abgeschmackt und entbehren allen Verständnisses. 
Genf und Zürich haben schöne Claviere ausgestellt. 
In einem Nebengebäude der Ausstellung befindet sich 
eine vollständige Maschine für ein Dampfschiff, ausge 
stellt durch Escher, Wyß und Comp. von Zürich, eine 
der schönsten. 
An Güte und an äußerm Aussehen übertrifft der 
Greyerzer Käs alle andern." 
Es ist etwas ganz Außerordentliches um den gestei 
gerten Verkehr und die Vermehrung und Verbesserung 
der Verkehrsmittel in den letzten 30 Jahren. Von 4342 
bis 1860 hat sich die Einfuhr in Belgien um 272 Proc., 
in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika um 247 
Proc., in England um 237 Proc., in Frankreich um 
169 Proc. vermehrt. Die Zahl der Postdampfer und 
Kauffahrer, welche den Verkekr nach allen Himmelsge 
genden und zwischen den entferntesten Punkten der Erde 
vermitteln, ist Legion. Von Liverpool allein sind im 
Jahr 1865 nicht weniger als 308 Dampfer nach Nord- 
und Central-Amerika abgegangen. Von Southampton 
fuhr man nach New-Aork in 12 Tagen, nach Panama 
in 19 Tagen. Eine Reise um die Erde läßt sich in 
104 Tagen machen. Von Marseille aus müßte man 
die Richtung über Alerandria nach Suez nehmen (7 Ta 
ge); von dort nach Ceylon (l6 Tage). Von Ceylon 
über Calcutta und Hongkong nach Melbourne (28 Ta 
ge), bis Neuseeland weitere 4 Tage. Damit wäre der 
halbe Weg in 55 Tagen zurückgelegt. Von Wellington 
auf Neuseeland fährt man in 28 Tagen nach Panama; 
von dort über Southampton nach Marseille gelangt 
man in 21 Tagen Das wäre freilich eine Reise im 
Galopp. Nimmt man sich für die ganze Route 5—6 
Monate Zeit, so kann man sich an jedem bedeutenden 
Punkte einige Tage aufhalten und dort Geschäfte oder 
Studien machen. Mit 7000 Fr. läßt sich die ganze 
Tour machen. Die Länge der Eisenbahnen auf unserm 
Globus betrug 1866 so viel, daß man die Erde damit 
3 i/2 Mal umspannen könnte, nämlich 19,639 deutsche 
Meilen. Davon kommen auf Nord-Amerika 7002 Mei 
len, auf England 2882 Meilen, auf Deutschland 2864, 
auf Frankreich 1955, auf Indien 733, auf Italien 697, 
auf Spanien 676, auf Rußland 602, auf Belgien 346. 
auf die Schweiz 179 deutsche Meilen. — England hat 
für seine Eisenbahnen 11,140 Mill. Frkn. ausgegeben; 
die Bahnen und Bahnhöfe der Stadt London allein ko 
sten 100 Mill. Fr. Die Länge sämmtlicher Telegra 
phenleitungen auf der Erde betrug 1866 nicht weniger 
als 45,000 deutsche Meilen. Damit könnte man den 
Erdkreis 8^/2 Mal umspannen. Mit sämmtlichen ein 
zelnen Drahtlinien aber 20 Mal. Mit dem Jahre 1900 
werden sich diese Zahlen alle wahrscheinlich durchschnitt 
lich verdoppelt haben. Nur ein zweiter dreißigjähriger 
Krieg könnte diesen merkwürdigen Fortschritt des Ver 
kehrs und der friedlichen Civilisation hemmen. 
Schweiz. Die Gemeinde Frasnacht im Canton Tur- 
gau erntete dies Jahr 1700 Ztr. Kirschen, welche zu 
meist auf dem St. Galler Markte zu 10—17 Fr. per 
Centner verkauft werden. Sonach ist der Erlös dieser 
Gemeinde wenigstens auf 17000 Fr. anzuschlagen. — 
In Bern waren jüngst Abgeordnete der Cantone Zü 
rich, Luzern, Schwyz, Solothurn, Baselland, St. Gal 
len, Aargau und Thurgau versammelt um über Mittel 
zur Vertilgung der Maikäfer und Engerlinge zu bera 
then. Um den Gegenstand weiter zu führen wurde eine 
Commission niedergesetzt. — Am 8. ds, wird in St. 
Gallen das übliche Kinderfest abgehalten, eines der an 
ziehendsten Feste welche in unserer Nähe zu sehen sind; die 
Cantonsschüler werden dabei die Hauptscenen aus Schil 
lers Wilhelm Tell aufführen. — Die Rheinbrücke Au- 
Lustenau wurde durch ein echtes Volksfest am 21. er 
öffnet und dem Verkehr übergeben. — In Aarau soll 
ein Lehrkurs über Flachsbau und Flachsbereitung abge 
halten werden. — Ueber die letzte Nationalrathswahl 
kommen aus dem Tessin sehr abenteuerliche Umtriebe 
ans Licht. Der Wahlkandidat Polari ließ seinen Wäh 
lern 5 Fr., der Gegner Bossi ließ ö Fr. bezahlen. Ei 
ner der Wähler des Ersteren habe dreimal für seinen 
Kandidaten gestimmt und als er nur 5 Fr. erhalten, sei 
er zum Advokaten gegangen, um sich zu seinem Rechte 
(!!) verhelfen zu lassen, und habe dann wirklich noch 
einige Fränklein und eine Bewirthung mit Wein und 
Wurst erreicht. Das gröbste Faktum sei aber den Wäh 
lern der Gemeinde St. Antonio begegnet, welche 194 
Mann stark für Polari stimmte und sodann, den Syn- 
dik an der Spitze, nachdem sich dieser würdige Beamte 
	        

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