Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

Der nächste Gegenstand der Tagesordnung wird von 
5er f. Negierung mit folgender Erörterung begleitet: 
Nach § 32 des Schulgesetzes vom 8. Februar 1859 
sollen die verwirkten Schulversäumnißstrafgelder zu Gun 
sten des Lokalschulfondes der betreffenden Gemeinde ein 
gehoben und verwendet werden. 
Bei dieser EinHebung gingen die berufenen Organe 
bisher sehr saumselig zu Werk, denn einerseits ließen sich 
die Lehrer die Verzeichnung und Anmeldung der ausge 
bliebenen Schulkinder nicht besonders angelegen sein, 
und anderseits machten die Pfarrer und Sackelmeister 
mit der Eintreibung der Strafgelder wenig Ernst, weil 
ihnen hieraus nur eine Mühe und übles Nachreden in 
der Gemeinde erwuchs. 
Die Regierung ist nun der Ansicht, daß eine genauere 
Handhabung des Z 32 des Schulgesetzes erzielt werden 
könnte, wenn der Verwendung der eingehobenen Schul 
strafgelver ein anderer Zweck gestellt würde, als die Ue 
berweisung in den Lokalfchulfond. 
Dürften nämlich die Strafgelder zur Gründung eines 
Lehrerpensionsfondes verwendet werden, und hätte die 
Regierung die EinHebung der Strafbeträge zu besorgen, 
so werden jedenfalls die Lehrer ein größeres Interesse 
an der Sache nehmen, die bisherigen Feindseligkeiten 
zwischen Familien — und Gemeindeorganen beim Ein^ 
treiben der Strafgelder fallen weg, die als Lokalschul 
inspektoren fungirenden Pfarrer werden der dem Schul 
wesen so nachteiligen Ausspendung von Strafnachstch- 
ten entbunden, und im Ganzen gewinnt auch die Schule 
durch die strenge Handhabung Her den Schulbesuch 
Nvrmirenden Vorschriften. 
Der Commissionsbericht hiezu lautet: 
Die fürstl. Regierung beabsichtigt mit dem vorliegenden 
Gesetzentwurf die Gründung eines eigeüen Lehrerpensi 
onsfondes aus den Schulstrafgeldern, welche bisher in 
Gemäßheit des § 32 des Schulgesetzes in den Lokal- 
schulfonv geflossen sind und zur Anschaffung von Sckul- 
büchern, :c. für unbemittelte Kinder verwendet wurden. 
Die Landtags-Commission erklärte sich gegen die 
Gründung eines eigenen Lehrerpensionsfondes, da der 
bereits bestehende landschaftliche Schulfond nicht blos zu 
Lehrersgehalten, sondern auch zu Lehrerpensionen bestimmt 
sei; die Commission sprach die Ansicht aus, daß der 
landschaftliche Schulfond auch etwaige nur für Lehrer- 
pensionszwecke bestimmte Beitrage aufzunehmen habe. Es 
erregte der Commission Bedenken, die Schulstrafgelder 
dem angeführten Lokalschulzwecke zu entziehen und zu 
Lehrerpensionen zu verwenden. Denn einerseits würden 
die Gemeinden genöthigt sein, die Mittel zur Deckung 
gedachter Lokalschulbedürfnisse aus der Gemeindekasse zu 
bewilligen, anderseits würden die Schullehrer alle Ge 
hässigkeit, welche eine strenge Eintreibung der Strafgel 
der nach sich zieht, zu tragen haben. Die fürstl Regie 
rung bestand darauf, daß der 8 32 des Schulgesetzes 
abgeändert und die Eintreibung der Schulstrafgelder den 
Lokalbehörden abgenommen werde, weil diese erfahrungs 
gemäß die Strafgelder nachläßig einHeben und durch un 
zeitige Strafnachsichten die Schulversäumniffe begünstigen 
Die fürstl. Regierung erklärte sich damit einverstanden, 
daß die Schulstrafgelder von nun an dem landschäftl. 
Schulfonde zugewiesen werden. 
Nachdem schließlich die Nothwendigkeit eines Lehrer 
pensionsgesetzes berührt worden, einigte sich die Commis 
sion mit der fürstl. Regierung über folgenden abgeän 
derten Gesetzentwurf: 
Art. 1. Die Schulstrafgelder kommen von nun an in 
den landschäftl. Schul fond. 
Art. 2. Die Schulvorstände haben die vorgeschriebe 
nen Schulversäumnißverzeichnisse in den bestimmten Zeit 
abschnitten an das Landgericht zur Eintreibung der 
Strafgelder einzusenden. 
Art. 3. Hiedurch wird der Schlußsatz des 8. 32 des 
^ Schulgesetzes vom 8. Februar 1859 abgeändert. 
Der Gesetzentwurf wird einstimmig angenommen. 
Im Zusammenhang hiemit wünscht der Abg. Erni 
eine Zusammenstellung der auf die EinHebung der Schnl- 
strafen bezüglichen Vorschriften von der f. Regierung, 
wie auch eine Ermäßigung der Strafe von 30 kr. bei 
Versäumniß der Industrieschule, indem diese Strafe im 
Vergleich mit den Strafen bei Versäumniß der Elemen 
tarschulen (4—12 kr.) zu hoch sei. Ein Antrag wird 
aber nicht gestellt. 
Sodann verliest Abgeord. Beck einen Antrag nebst 
Motivirung: hoher Landtag wolle beschließen, hohe Re 
gierung um Vorlage eines Pensionsgesetzes für die 
Elementarlehrer zu ersuchen. Er motivirt seinen Antrag 
mit den einschlägigen Versprechungen der Verfassung, 
den bereits erfolgten Landtagsbeschlüssen und mit der 
Nothwendigkeit in dieser Beziehung den nothdürftig ge 
stellten .Lehrern eine Sicherftellung für das Alter oder 
für Arbeitsunfähigkeit zu gewähren. Der Antrag wird 
mit 7 gegen 7 Stimmen verworfen. 
Hierauf ist die Sitzung geschlossen. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Vaduz, 2. Juli. Von der aus Java imporlirten 
neuen Gemüspflanze küpkktnus etiuäaws, javanesisch Uu- 
xri, sind im Hausgarten des Herausgebers dieses Blat 
tes 2 Eremplare, woran sich zahlreiche Schoten befinden, 
darunter eine von nahe an 30 Wiener Zoll (80 Centi- 
meter) Länge und am Grunde von 2l/z" (7 Centinnr.) 
Umfang. Die Samenkörner wurden von Erfurt das 
Körn zu 25 Nkr. bezogen. Das Aussehen der Pflanze 
ist das eines blühenden Samen-Rettigs. 
Volt dem unglücklichen Kaiser Mar von Merico ver 
nimmt man bestimmt, daß er am 19. Juni von den 
Zuaristen erschossen wurde. — Oestreich verlor einen 
Prinzen und Frankreich 700 Mill. Fr. bei dieser un 
glücklichen Spekulation Napoleons. 
Gute Carriere. Die „Newyorker Handels-Ztg." 
erzählt: Vor vielen Jahren kehrte ein kleiner Zunge 
von zehn Jahren auf seinem Wege nach Vermont in 
einem Landwirthshause ein und zahlte für sein Bett und 
Frühstück, indem er Holz dafür sägte, statt es als ein 
Geschenk zu beanspruchen. Fünfzig Jahre spater' kam 
der zum Mann gereifte Knabe desselben Weges und 
kehrte in dasselbe Wirthshaus ein als der bekannte MW 
lionär George Peabody.
	        

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