Frieden Gottes erkaufen mögen! — D>e FmanMthm
kam wieder aus dem Concerte. Da das Wetter gu,
war so qing sie mit ihren Kindern zu Fuß nach Hause.
Sie'beaeqneten einem Polizeidiener, der einen Knaben
als Gefangenen fortführte. „Was hat das Kmd be-
aanaen»" fragte die Dame einen der Vorübergehenden.
^Es hat g-stohl-n". -rwid-rte der Gefragte. „W eder
ein unglückliches Wesen, das in unser Rettungshaus
aebört" faqte die Fmu Fmanzrathm seufzend. Am
folaenden Tage kam ihr Gatte mit einem ernsten Aus
druck der Trauer im Gesicht in ihr Zimmer. „Das äl
teste Kind vom Meister Armmann hat gestern den Dieb-
stahl begangen, von dem Du erzähltest", sagte er.
Was? Armmanns Kind?" rief die Finanzräthin em
pört aus, „des Schuhmachers Knabe, der uns immer
des Vaters Arbeit brachte? O, daß ist abscheulich, wenn
Leute stehlen, die ihren Verdienst haben." „Weißt Du
aber auch, meine Liebe" fuhr der Herr Finanzrath fort,
„weißt Du, wem der Knabe die Schuld, die er auf
sich geladen zuschiebt? — Dir und unsern Kindern."
„Entsetzlich", rief die Dame. „Höre mich an, liebe
Frau, Du mußt hier klar sehen!" sagte der Herr Fi
nanzrath. Als man den Knaben fragte, was ihn ver
anlaßt habe, ein so gemeines Verbrechen zu begehen,
blieb er stumm. Als man ihm vorstellte, er sei braver
Leute Kind, schluchzte und weinte er. „Was bewog
dich zu stehlen?" fragte man. „Der Hunger!" entgeg-
nete der Knabe; ich und meine Brüder hatten den gan
zen Tag nichts gegessen, wir konnten's nicht mehr er-
tragen. Vrok für unA." „Aber
dein Vater ist doch ein geachteter Schuhmacher, er hat
viel Arbeit, er ist fleißig", sagte man ihm. „Ja", ant
wortete der Knabe, „der Vater hat Arbeit, er ist auch
fleißig früh und spät." Hat dein Vater sein Geld
verspielt oder ins Wirthshaus getragen, — hat er dich
zum Verbrechen getrieben? „Nein, nein! nicht der Va
ter hats zu verantworten, sondern die Frau Finanzrä
thin Reichmann trägt die Schuld und deren Fräulein
und der junge Herr und auch viele andere Herren und
Damen, die des Vaters Kunden sind, aber ihre Rech
nungen durchaus nicht bezahlen. Ach! wie viel Mal
ist er schon bei ihnen gewesen, und wie oft hat er die
freundlichsten Zeilen geschrieben, — aber vergebens."
Die Frau Finanzräthin erbleichte. Die ganze schreckli
che Geschichte stand plötzlich vor ihrer Seele. Sie un
terstützte die Bettler, sie brachte Opfer über Opfer, um
Elend aller Art zu lindern, aber bei aller werkthätigen
Liebe hatte sie ihre nächste erste Verpflichtung versäumt,
dem armen Handwerker zur Zeit und augenblickkich nach
Ablieferung seiner Arbeit die wohlverdiente Zahlung zu
leisten. Sie hatte ihre Kmder angeleitet, in ihre Fuß
stapfen zu treten auf dem Wege der Wohlthätigkeit,
aber sie hatte ihnen auch gestattet, wie sie selbst, sich
der Unordnung in Zahlung der Rechnung hinzugeben.
So war sie, welche Rettungshäuser für junge Verbre
cher gründen half, einem unschuldigen Knaben, dem
Kinde braver, fleißiger und geachteter Eltern, die erste
Veranlassung zum Verbrechen mit gewesen. Diese ernste
und wahre Geschichte ist aus. Wer Ohren hat zu
hören, der höre! Die FrGl Finanzräthin, der junge
Herr und das Fräulein zahlen jetzt prompt. Dfztg.
Allerhand Neuigkeiten.
Bregenz, 23. Februar. In der heutigen letzten
Landtagssitzung wurden als Reichstagsabgeordnete er
wählt: aus der StädtekurieHerr Landeshauptmann v.
Froschauer, aus der Landgemeindekurie Herr Baron v.
Seyffertitz. — Zu dieser Wahl kann man dem Vorarl
berger Lande Glück wünschen!
In Dornbirn fand man in einer Brunnenstube die
Leiche eines neugebornen Kindes.
Die Stadt Frankfurt sandte eine Deputation an
den König von Preußen, um die von' der Stadt gelei
stete Kriegscontribution auf den preußischen Staat zu
übernehmen. "
In Königsberg in Preußen wurde ein Commis durch
den Bankerott, seines Prinzipals brodlos und mußte bei
einem Wirthe auf Credit leben. Er schuldete dem Wir
the bei seinem Fortgehen 23 Thaler und gab ihm ein
Dombau-Lotterieloos; damit sollte die Schuld ge
deckt sein. Als die Ziehung kam, fiel auf das Loos ein
Gewinn von 10,000 Thalern. Das Loos und der Ge
winn waren des Wirthes unbestrittenes Eigenthum;
dennoch schickte er das Loos dem Commis nach und
bat nur um Uebersendung der 23 Thaler. Der Com
mis dachte aber anders, er erhob die 10,000 Thaler
uno schickte 5000 davon mit einer notariellen Beschrei
bung dem Wirthe zu. Ein Wettstreit des Edelmuths.
In Amerika werden jetzt zum Gebrauch auf Eisen
bahnen künstliche Kinder verkauft. Damit der Rei
sende das Glück des ungestörten Alleinseins im Coupe
genießen kann, legt er sich ein künstliches Kind bei, wel
ches sofort abscheulich zu schreien ansängt, wenn ein
Zweiter einsteigen will. Jeder, der dieß Geschrei hört,
ergreift eilends die Flucht, um sonstwo unterzukommen.
Ein Kind erster Classe mit scharfer und sehr bösartiger
Stimme im Umfange von 5 Octaven kostet 10 Doll.,
mit RePetition 12 Doll.; zweiter Classe, Stimme nicht
so stark, aber sehr kläglich und unerträglich 5 Doll.,
dritter Classe, gewöhnliches Kind mit unterbrochenem
Schreckensschreien, nöthigenfalls in der Tasche zu tra
gen 2^/2 Doll.
Die Abgaben und Steuern, schreibt ein Landsmann
aus Cineinnati, find bei uns jetzt enorm hoch, dabei
find die Lebensmittel sehr theuer. Ich bin dem Schnee
und der Kälte in Rußland entflohen und hier ist der
Winter eben so kalt und schneereich als dort. DaS Pa
piergeld spielt bei uns eine Hauptrolle, Silber und Gold
ist nicht viel zu sehen. Mit der Regierung des Prä
sidenten Johnson ist man in den Vereinigten Staaten
sehr unzufrieden und man befürchtet, daß es über ihn
noch zu einem Bürgerkriege kommen werde.
Im Hinblick auf die Industrieausstellung werden schön
jetzt die LebenSmittel: Fleisch, Butter Eier ze., theurer.
Der „Charivari" bringt in dieser Beziehung folgende
Karrikatur: Ein Garcon: „Nro. 8 will sein Beefsteak