Äcchtcllstcinrr Landcszcitung.
I'ünktor ^alzrAanx.
Vaduz, Samstag
Rro. V.
2. März 18K7.
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Der norddeutsche Bund,
Am 24. d. wurde in Berlin das norddeutsche Par
lament eröffnet. > Die erste Vorlage dieser Versammlung
ist die Bundesverfassung, welche von Bismark mit den
Abgesandten der übrig?n Bundesstaaten vereinbart wurde.
Wir lassen hier einige der wichtigsten Bestimmungen
dieses Actenstücks im Auszug folgen:
Abschnitt !V handelt in 10 Artikeln vom Bundes
präsidium, das der Krone Preußen zukommt, und dessen
Rechte und Funktionen; von der Einberufung der Bun
desbehörden, vom Erlaß und von der Ausführung der
Bundesgesetze; von der Wahl der Bundesbeamten; von
der Art der Bundeserekution gegen Bundesglieder, die
ihre verfassungsmäßigen Pflichten nicht erfüllen.
Abschnitt V bestimmt Wahl, Amtsdauer (3 Jahre)
und Geschäftsordnung des Reichstages und die Ver
antwortlichkeit od?r Unbelangbarkeit seiner Mitglieder
außer der Versammlung.
Abschnitt V! handelt vom Zoll- und Handelswesen,
von der Administration, dem Rechnungswesen und den
Rechtsverhältnissen der verschiedenen Bundesstaaten.
DH^nssstädte, Hamburg, Lübeck und Bremen bleiben
Mschmtt Vl! handelt vom Bau und Betrieb der
senbahAM im allgemeinen Interesse des Verkehrs: Gleiche
Bahnpolizei und Betnebsreglements und Kontrole der
Tarife, Dienstpflichten der Bahnverwaltungen in Zeiten
öffentlicher Nothstände.
Abschnitt V!!l. Post- und Telegraphenwesen steht un
ter der Oberleitung des Bundespräsidiums, sowie auch
die Wahl der betreffenden Beamtem -
Abschnitt IX. Marine und Schifffahrt Die Kriegs-
marine der Nord-- und Ostsee ist eine einheitliche unter
preußischem Oberbefehl. Der König bon Preußen er
nennt die Offiziere und Beamten und nimmt diese sowie
die Mannschaften in Eid und Pflicht. — Die Kaufar-
teischiffe aller Staaten bilden eine einheitliche Handels
marine, führen dieselbe Flagge, schwarz-weiß-roth, sind
denselben Navigationsgesetzen unterstellt, haben gleiche
Rechte und Pflichten.
Abschnitt X. Konsulatwesen. Dieses steht unter der
Aufsicht des Bundespräsidiums, welches nach Verneh
mung des Ausschusses des Bundesrathes»für Handel
und Verkehr auch die Konsuln ernennt. Sämmtliche
bestehende Landeskonsulate werden aufgehoben, sobald
die Bundeskonsulate organisirt sind.
Abschnitt XI. Bundeskriegswesen. Art. 53 bestimmt:
Jeder Norddeutsche ist wehrpflichtig und kann sich in
der Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen. Art.
54. Alle Kosten und Lasten des gesammten Kriegswe
sens des Bundes sind von allen Bundesstaaten und
ihren Angehörigen gleichmäßig zu tragen. — Sieben
Jahre, vom 20. bis 28. Lebensjahre, dauert die Dienst
pflicht im stehenden Heere und die folgenden 5 Jahre
in der Landwehr. Die Friedenspräsenzstärke des Bun
desheeres beträgt 1 Prozent der Bevölkerung von 1867.
Alle 10 Jahre wird der Prozentsatz neu bestimmt.
Nach der Publication dieser Bundesverfassung ist in
dem ganzen Bundesgebiet die gesammte preußische Mi
litärgesetzgebung ungesäumt einzuführen.
Zur Bestreitung des Aufwandes für das gesammte
Bundesheer sind dem Bundesfeldherr sovielmal 225
THlr. , /»ls v»» der
Friedensstärke des Heeres beträgt.
Eine wahre Geschichte aus dem Haudwerkerlebeu.
Bei gar vielen sonst vermoglichen Leuten herrscht die
üble Gewohnheit, die Rechnungen ihrer Handwerks-
leute Schuster, Schneider zc. wenn nicht Jahrelang doch
meist übers Jahr hängen zu lassen, zum bittern Rachi
theil des mittellosen, sorgenbxlgdenen Gewerbsmannw;
selten wird bedacht, welche Noth für diesen daraus er
wachst. Die Sache kann mitunter sehr weitgehende
Folgen haben, wie nachfolgende, lehrreiche Geschichte
darlegt, die sich in einer norddeutschen Stadt zugetragen
hat. Das Wohlthun auf öffentlichem Wege war in
der Stadt L. eingeführt, es war Mode, und so konn
ten denn Personen, die einen Namen in der Gesellschaft
hatten, sich nicht gut zurückhalten. Am Abende eines
Tages, an welchem ein bleichaussehender Schuhmacher
mit sorgenvollen Blicken seine Rechnungen in erneuter
Auflage ausgetragen und eine solche auch im Hause
des Finanzrathes vön Reichmann abgegeben hatte, war
ein Concert zum Besten einer Rettungsanstalt für ju
gendliche Verbrecher. Die Frau Finanzräthin besuchte
mit ihren beide» Kindern dieses Concert; eine Ausgabe
von drei Thalern war dadurch veranlaßt, aber sie zab
das Geld gerne hm, denn sie war ja Mitglied deS
Vereins, der das Rettungshaus ins Leben gerufen hatte,
und sie besaß auch ein warmeS Herz. Hätte sie doch
allen den kleinen Verbrechern mit großen Opfern den