Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

erblickten kurz vor sich feurige Punkte, die sich hin und 
her bewegten. ES lag nun kein Zweifel ob, der Ge? 
ruch der Hammel und des Rindviehes hatte ein Rudel 
Wölfe angezogen. Fünf dieser hungrigen Kameraden 
saßen in einem Halbkreise und hielten Wache, indem sie 
hin und wieder vor Begierde knurrten. Die Lage war 
höchst kritisch. Die Belagerten hatten außer ihren Schür 
haken, Feuerschaufeln und Kettenkrampen keine andern 
Waffen und konnten vor Ablauf von drei Stunden auf 
keine fremde Hülfe rechnen. Der Heizer öffnete die 
Dampfklappe und ließ das Pfeifchen der Locomotive 
durch die Lust gellen, m der Hoffnung, die wilden Be 
stien damit zu erschrecken; man nahm die Laterne und 
ließ das Licht nach allen Seiten hin blitzen. Alles war 
vergebens. Man beschloß daher, den Rückzug nach dem 
geschlossenen Geräthewagen anzutreten. Der Maschinist 
Flaus eröffnete den Zug, der Steuerbeamte Dobe bil 
dete den Nachtrab und der Zugführer und der Heizer 
das Centrum. Dte -4 Leute schlichen am Zuge vorbei, 
in einiger Entfernung von den Wölfen gefolgt. Ohne 
Unfall an dem Geräthewagen angekommen, stiegen die 
drei ersten unbelästigt ein, als aber Dobe seinen Fuß 
auf den Wagentrkt stellte, stürzte sich eines der wilden 
Thiere auf ihn und riß ihm ein großes Stück aus sei 
nem Rocke. Es war dies das Zeichen zum Angriff, 
den die Bande sofort unternahm. Die Wölfe wurden 
aber übel empfangen; einer derselben erhielt einen 
Schlag mit dem Schürhaken über den Schädel, daß er 
auf den Boden rollte, um nicht wieder aufzustehen. Es 
machte dies die, vierfüßigen Kampfgenossen etwas stutzig 
und Dobe benutzte den günstigen Moment, um ebenfalls 
schnell in den Waggon zu springen und die Thür hin 
ter sich zuzurollen. Das improvisirte Blockhaus machte 
natürlich alle fernern Angriffe zu Schanden und es trat 
plötzlich tiefe Stille ein; bald aber stießen die Ochsen 
ein schreckliches Gebrüll aus und stampften wüthend in 
ihren Wagen herum, die Wölfe hatten sich nämlich mit 
großer Wuth auf die Viehwagen gestürzt, deren starke 
Wände jedoch jeden Einbruch verhinderten. Die schreck 
liche Scene dauerte 2 Stunden und erreichte erst ihr 
Ende, als der nach Poir gesandte Schaffner mit 20 
Arbeitern zur Reinigung des Schienenweges anlangte. 
Nach einer Stunde Arbeit konnte der Zug sich wieder 
in Bewegung setzen. Weder die Ochsen noch die Ham 
mel haben Schaden gelitten, die Lattenwände der Wag 
gons tragen aber die Zeichen heftiger Angriffe. 
Zu den schlimmsten Dingen, die einem ahnungslosen 
Eisenbahnfahrer begegnen können, gehört ein Gefecht 
zwischen dem Locomotivführer und dem Heizer. Ein 
solches fand neulich auf der Insel Fühnen auf der 
Fahrt zwischen Odensee und Middelford statt. Der 
Heizer schlug dem Locomotivführer mit seiner Schür 
stange zwei Löcher in den Kopf und wurde endlich von 
ihm über Bord in den tiefen Schnee geworfen. So 
lief die Fahrt noch glücklich ab. 
Schweiz. In Sevelen sind letzten Sommer ganz 
gelungene Versuche im TabakSbau gemacht worden. 
Frühere Erfahrungen haben gelehrt, daß die Tabaks- 
pflanze in dortiger Lage sehr wohl gedeiht. Ein junger 
Mann, Namens Tischhauser, der sowohl die Pflanzung 
als die Zubereitung des Tabaks gründlich erlernt Hat, 
will sich mit diesem Geschäft befassen. Seine Prvbe- 
versuche sind so günstig ausgefallen, daß sein Fabrikat 
sehr gelobt wird. 
— Aus Altstädten wird folgendes Geschichtchen er 
zählt: Am letzten Jagdtage, dem 15 Januar, da alle 
hiesigen Jäger auf der Jagd waren, spazirte am hellen 
Nachmittage ein Hase ganz ungenirt durch die Gaffen 
der Stadt Altstädten. Vor dem Gasthofe zur Post 
hielt er an, machte einige „Männchen" und Kreuzfprünge 
und verabschiedete sich mit feinstem Anftande. 
— In Oberriet hat sich ein Bürgerverein gebildet, 
um gemeindliche Angelegenheiten zu besprechen. 
—In Thal ist letzter Tage in einem Stalle der 
Milzbrand unter den Schweinen ausgebrochen^ 
so daß an Einem Tage acht Stücke zu Grunde gingen. 
Die kranken Thiere hören auf zu fressen, fallen um und 
sind todt. Die Krankheit ist auch diesmal aus dem 
Vorarlberg durch ungarische Schweine eingeschleppt wor 
den. Es soll bereits der Bann verhängt und Untersu 
chung eingeleitet sein. — In Folge dessen hat auch die 
f. liechtensteinische Regierung eine Sperre gegen Vor 
arlberg angeordnet, so wie für die Zeit der Sperre ei 
nen wöchentlichen Schweine-Markt in Rugell bewilligt. 
Graubimden. Bei Obersaren hat in der Nacht 
vom 16. auf den 17. Jan. eine Staublawine zwei Ge 
bäude mit den Bewohnern weggerissen und zertrümmert 
und bedeckt; kaum daß sich im weitergelegenen Haus 
der Eigenthümer retten konnte. Dieser suchte alSdann 
die im Schnee begrabenen Männer zu befreien, was ihm 
auch gelang, und eilte er in der Nacht in die eine 
Stunde weit entfernten Höfe, um Hülfe zu holen. Der 
anhaltenden Anstrengung der herbeigeeilten Männer ge 
lang eS dann, aus der Lawine noch 6 lebende und 17 
todte Thiere hervorzuziehen und die vom Schneesturz m 
einem dritten Stall eingeklemmten 14 Stücke Vieh zu 
retten. 
Aus Wartau schreibt ein Jugendfreund in „Obe>l. 
Anz.": „Feind von zu vielen und oft unmotivirteti 
Neuerungen und Umänderungen theilen wir doch die 
Ansicht, daß man, um der übrigen Welt adäquat zu 
bleiben, auch mit ihr fortschreiten müsse. Um so mehr 
begrüßten wir daher den Höchst löblichen Beschluß der 
Bürger von Wartau, den Grund zu einer Realschule 
zu legen, wodurch wenigstens der Schleier gelüftet wer 
den möchte, der die Außenwelt mit ihrem geistigen Le 
ben bisher abgeschlossen. Es ist damit einem längst ge 
fühlten Bedürfnisse abgeholfen. Wartau ist eine der 
größten und begütertsten Gemeinden unseres KantonS, 
mit einer Bevölkerung von za. 2300 Seelen. Bis da 
hin mußten die Eltern, die ihren Kindern eine Real 
bildung zu geben wünschten, dieselben nach BuchS oder 
Sargans placiren, ein Umstand, welcher ärmeren Be 
wohnern höchst ungelegen sein mußte. Und auch bei 
den Begüterten brauchte es oft einen gewaltigen Im 
puls angesehener Persönlichkeiten, um ihre Söhnchm 
dem Schooße der weiten Fremde anzuvertrauen. Welm 
einmal eine Realschule am Fuße deS Gvnzen erblüht, 
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