Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1867)

deS Landes jedoch habe sich dem widersetzt, vielleicht 
nachdem sie über die Warnung der französischen Regie 
rung unterrichtet worden war." 
Appenzell. Hr. Alt-Statthalter Schieß zur Rose 
in Herisau bietet der Gemeinde einen prachtvollen Platz 
zum Bau eines Realschulhauses nebst 40,000 Fr. an 
baar an, wenn die Gesammtkosten des Baues durch 
freiwillige Beiträge gedeckt werden. Das heißt gleich 
zeitig Wohlthäter sein und Wohlthäter machen! 
Ein 19jähr:ger Jüngling von Speicher, Kanton Ap 
penzell, verheirathete sich seinerzeit mit einer tugendsamen 
Mahrigen Zungfrau, die bereits den schönsten Hoffnun 
gen auf Erfüllung ihres „Lebenszweckes" entsagt hatte. 
Doch konnte sie noch 20 Jahre lang den Frieden einer 
glücklichen Ehe genießen und starb dann. „Jetzt probire 
ich eS einmal mit einer Jungen", sagte d^r schwerge 
prüfte Wittwer, und heirathete eine kaum 18jährige 
Jungfrau, mit der er eben die silberne Hochzeit ge 
feiert hat. 
Graubünden. Letzten Samstag ist die Kirche von 
Misor aller gottesdienstlichen Gerätschaften und 
Werthsachen in Gold und Silber beraubt wovden. Der 
Thäter ist noch unentdeckt. 
Chur. Letzten Dienstag den 15. d. fiel nach dem 
„Bündner Tagblatt" in Tfchappina Schnee von roth- 
lich-grauer Färbung. Auch im Engadin fiel gleichzeitig 
okergelber Schnee. 
Schwyz. Im Laufe der letzten Wochen sind im 
Kanton Schwyz über 700 Kühe von deutschen und ita 
lienischen Händlern gekauft worden, daö Paar bis 40 
Rapoteonö, und 
tenbauern um höhere Preise gekauft. In Folge dessen 
sind die Preise vom Heu gegen das Vorjahr um die 
Hälfte gesunken; zum Aufhirten gilt das Klafter höch 
stens 25 Fr., zum Abführen 3 Fr. 50 ver Zentner. 
Dagegen ist die Milch auf 20 Cts. gestiegen, trotzdem 
in Schwyz und Umgegend noch 20,000 Stück Käse 
feil sind und gar keine Aussicht zu deren Verkauf ist. 
Paris. Der Kaiser präsidirte heute in den Tuile- 
rien einer Sitzung deS Ministerraths. Die täglichen 
und langen Ausflüge des Kaisers gestatten keinen Zwei 
fel mehr an der völligen Wiederherstellung seiner Ge 
sundheit. Kürzlich sah man ihn mit seiner Gemalin 
auf dem See des BoiS de Boulogne Schlittschuh lau- 
; fen. Die Geschicklichkeit der Kaiserin in dieser nordi 
schen Kunst erregte allgemeine Bewunderung. 
Die Deutschen in Paris geben jährlich einen glän 
zenden Ball zu Gunsten des deutschen Hospitals. Es 
gilt für eine Ehre, zu diesem Balle geladen zu werden 
und alle Stände und Parteien treffen sich da und ge 
ben ihrem Vaterlande ein gutes Beispiel. Auf dem 
jüngsten Ball haben sogar die Fürstin Metternich und 
der Graf Goltz, der preußische Gesandte, znsammen ge 
tanzt, als ob es kein Königgrätz gäbe. 
In Bergarac, Frankreich, starb eine Wittwe Pillaud 
3ahre; ihr Sohn, Pfarrer, ein 80jähriger 
Gretö, versah die Begräbmßzerempnien. 
^ Für die' große Pariser Ausstelltmg wird ein 
Unternehmer gesucht, der während der Ausstellung täg 
lich 400,000 Mittagessen zu billigem Preise liefert. Wer 
Lust hat, kann sich melden. — Die Ausstellung wird 
von 2000 amerikanischen Nationalgardisten in Uniform 
und Waffen besucht weiden. Diese Amerikaner sollen 
die schönst uniformirten Soldaten der Welt sein. 
„Herald" in London hat große Lust, den König 
Wilhelm den Bayard Preußens zu nennen und dem 
Grafen Bismarck seinen Platz zwischen dem französi 
schen Staatsmann Richelieu und dem italienischen Politi 
ker Machiavetti anzuweisen. Zwei unähnlichere Leute als 
den König Wilhelm und BiSmarck gebe es eigentlich 
nicht. König Wilhelm, sagt der „Herald", ist ein schlich 
ter, redlicher, gerader Mann; tapfer, jähzornig und hart 
näckig, wenn er in seinem Rechte zu sein glaubt. Der 
Muth, mit dem er in dem letzten Kriege sich in die 
Fronte stürzte und den Oberbefehl bei Königgrätz über 
nahm, wo ohne seine und seines Sohnes Energie die 
Schlacht hätte verloren gehen und das Kriegsglück sich 
gegen Preußen wenden können, verbindet seinen Namen 
mit einem unvergängltchen Triumph". Also ohne Furcht 
und ohne Tadel; deny sein Minister habe ibm erst dany 
die ganze lang vorbereitete und auf die Spitze gestellte 
Lage der Dinge im Zusammenhang gezeigt, als dem 
König keine Wahl geblieben sei, als Oestreich zu be 
siegen oder die dauernde Demüthigung Preußens zu dul 
den. Das sei in der berühmten Cabinetssitzung Ende 
Februar 1866 geschehen, an welcher der König, der 
Kronprinz, Graf Bismarck und die Generale Theil nah-^ 
men Bismarck habe dem König sein Entweder — Oder! 
gestellt und der König habe entschlossen zugegriffen. 
iNgypienlanb wurde von seinem Vicekönig mit einer 
Verfassung beschenkt. Der freisinnige Machthaber weiß 
sich sein freimüthiges 'Geschenk äußerst nutzbringend zu 
machen, wie das folgende Gesetzentwürfe beweisen, die 
er vorlegte und von seinen Abgeordneten annehmen ließ. 
Das erste Gesetz bestimmt, jeder Unterthan muß alljähr 
lich dem Staate 8 Arbeitsatge leisten und zwar unent 
geltlich. Er kann sich aber loskaufen und zwar mit 3 
Piastern oder ca. 30 Nkr., welche in die Tasche des 
VicekönigS fallen. Bedarf der Staat außer solchen Ar 
beitern noch welche, so muß er sie täglich mit 3 Piastern 
emschädigen. Der zweite Entwurf betrifft die Steuern. 
Es wurde nun festgesetzt, daß die Steuern eigentlich 
nicht mehr zu den Zeiten, wo die geldarmen Bauern 
nichts besitzen, sondern zur jeweiligen Erntezeit sollen 
eingesammelt werden, wo die Erträgnisse deS BodenS 
noch vorhanden sind. Um die Herren Deputirten in der 
zweckmäßigen Stimmung zu erhalten, werden sie außer 
den Sitzungen in der Citadelle (Festung des Vicekönigs 
in Kairo) logirt, gespeist, getränkt und bedient. 
Präsident Johnson wird wirklich in Anklagezustand 
versetzt; die Vereinigten Staaten sind in athernloser 
Spannung. Ein Anklagepunkt sagt, der Präsident be- 
trinke sich gewohnheitsmäßig und bringe durch seine ftnn^ 
kenen Reden das Land in Unehre. Der Mann hat na 
türlich auch entschiedene Parteiganger und Freunde, die 
ihm zur Seite stehen, eS wird ihm aber diesmal doch 
an den Kragen gehen, wenn auch nicht an den HalS. 
Viele rathen ihm, vor dem Prozeß abzudanken. Näch 
stens Näheres.
	        

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