fenbart, fallen kaum Brosamen vom Tische des gewal
tigen Bismark. In Nassau, Hannover, Kurhessen stand
es mit diesen Dingen nicht hoch, im heutigen Preußen
aber geht die Freiheit vorerst nicht einmal so weit. Al
les gipfelt sich in der Vergötterung des siegreichen
Kriegsherrn und in der Heiligsprechung des Soldaten
rockes.
Allerhand Neuigkeiten.
Baimz, 18. September. Unter den Ernte-Ergebnissen
deS heurigen Jahres nimmt der Ertrag der Obstbäume
einen hervorragenden Platz ein. Es wird selten einen
Jahrgang gegeben haben, wo fast ausnahmsweise so viel
Obst wuchs. Bedeutende Mengen davon gehen beson
ders nach Vorarlberg, doch auch nach der Schweiz wurde
viel verkaust. — Als eine ungewöhnliche Erscheinung
mag es gelten, daß man in den Weinbergen bereits
wieder Traubenansätze findet, die demnächst zur Blüthe,
kommen werden. Der Weinstock selbst verspricht eine sehr
reiche Ernte, doch sind ihm noch warme Tage zu wünschen.
— Nach einer Bekanntmachung des ehemaligen Ge-
neral-Agenten der »Nuova soeiets eommeroisle
ä'^ssiouraxioni in Trieft" (Hr Albert Menz in
Hohenems) hat diese Gesellschaft fallirt und kann sonach
den Versicherten keinen Schadenersatz mehr leisten. Nicht
zu verwechseln ist diese Firma mit den noch bestehenden
Gesellschaften: z-Kiumooe aäriatiea" und „^ssieurasioni
Kenerali".
Vorarlberg. Die Feldk. Ztg. berichtet unter dem
17. September über die Auflösung der in Vorarlberg
angeworbenen Freiwilligen.-
„Die Vorfalle, welche bei der Zurückkunft und Auf
lösung der hier angeworbenen Freiwilligentruppe (etwa
3l) Mann) unsere Stadt letzten Mittwoch zum Schau
platze hatten, wurden, wie sich herausstellt, dadurch her
vorgerufen, daß die Mannschaft aufgelöst werden sollte,
ohne daß sie den in Punkt 9 lit. e. der Assentirungs-
bedingungen zugesicherten Beschuhungsbeitrag von 3 fl.
per Mann und die daselbst !il. 6. versprochene dreitägige
Besoldungsgebühr erhalten hatte. Vormittags 11 Uhr
war die Mannschaft vor dem Bezirksamtsgebäude dahier
aufgestellt und erhielt von ihrem Kommandanten, einem
tiroler Lieutenant, die Mittheilung, daß sie aufgelöst sei.
Wie man uns erzählt, bemerkte hierauf ein Mann, daß
sie noch die vorhin bezeichneten Rückstände zu fordern
hätten, welche Bemerkung vom Lieutenant in eigenthüm
lichem Style beantwortet worden sei. Die unfreundliche
Stimmung der Mannschaft nahm von Minute zu Mi
nute zu und äußerte sich in den derbsten Ausdrücken.
Da wurde zur Herstellung der Ruhe die Gendarmerie,
zwei Mann, herbeigerufen und wurden auch zwei der
ärgsten Schreier der Freiwilligen verhaftet. Das goß
Oel ins Feuer; die Freiwilligen sprengten die Thür und
befreiten die Verhafteten. Sehr zweckmäßig war es,
daß die Gendarmen, die sich übrigens mit ungemeiner
Besonnenheit und Kaltblütigkeit benahmen, von den
Freiwilligen wegbeordert wurden, indem dadurch mögli
cherweise blutige Unglücksfälle verhütet wurden. Den
Freiwilligen wurde dann mitgetheilt, daß in ihrer An
gelegenheit nach Innsbruck telegraphirt werde, worauf
sich dieselben Mittags vom Bezirksamte weg zerstreuten.
Nachmittags 3 Ühr begann sich eine große Anzahl
Freiwilliger vor dem Bezirksamte wieder zu sammeln.
Einige darunter waren durch den Genuß von ^pirituo-
sen in einen bedenklichen Zustand versetzt. Als immer
noch keine Antwort von Innsbruck kam, so begann das
Lärmen und Toben erst recht und führte bald zu Schlä
gereien unter den Freiwilligen selbst. Da manche von
ihnen, mit Zaunstecken und Knitteln bewaffnet waren,
so ist es völlig ein Wunder, daß es ohne schwere Ver
wundungen ablief. Diese Vorfälle ließen mit Grund
fürchten, daß es noch schlimmer werden könnte, und da
entschloß sich der Herr Bürgermeister Frz. Ganahl, das
erforderliche Geld zur Bezahlung der Leute aus der
Stadtkasse vorzuschießen. Gegen 5 Uhr — von Inns
bruck war trotz nochmaligen Telegravhirens noch immer
keine Antwort da — konnten die Leute in Folge der
Intervention des Bürgermeisters befriedigt werden, wo
rauf die Skandale ein Ende hatten. Gegen 6 Uhr —
sage sechs Uhr — kam endlich von Innsbruck der tele
graphische Bescheid, daß die Bezahlung der Freiwilligen
erfolgen könne. Wie die ganze Angelegenheit so kommen
konnte, darüber wurden im Publikum Vermuthungen
aufgestellt, wie sie nachgerade von unbezahlten Ohren
überall genugsam gehört werden können. Abends und
Tags darauf wurden dann 8 Freiwillige verhaftet. Da
sie ihren Abschied noch nicht in den Händen hatten, un
terstehen sie der Militärjurisdiktt'on. — Zur Sicherheit der
Stadt hielt das Steigerkorps der Feuerwehr von Mitt
woch auf Donnerstag freiwillig Nachtwache mit Pa-
trouillirungen.
Für die Zukunft Deutschlands hat der Nürnberger
Anzeiger folgende Alternative aufgestellt. Verstehe Preu
ßen, seinen Sieg zu benutzen, dann werde sich unter sei
ner Leitung allmälig ein Staatenbund bilden, der Süd
deutschland mit Einschluß des deutschen Oestreich, aber
auch die Schweiz, Holland, Elsaß und Lothringen um
fasse. Verstehe aber Preußen seine Aufgabe nicht, dann
werde sich Westeuropa zu einem Bund von Freistaaten
nach nordamerikanischem Vorbild vereinigen. So etwas
kann man nur vom Binnenlande aus schreiben, wo man
die Stimmungen und die Eigenthümlichkeiten der Grenz
nachbarn nicht kennt. Es scheint uns, daß die deutsche
Eircheitsmanie durch die preußische Annectirungssucht einen
empfindlichen Schlag bekommen, der sie am Ende noch
zur Besinnung bringen könnte.
Vom Rhein, den 28. August. Der einzige Sohn
des Gastwirths und Oekonomen Hövelmann in Fanten
trat während der Mobilmachung bei der Artillerie in
Münster seine einjährige Dienstzeit an. Als die ersten
vierzehn Tage, während welcher er vielfach zur Besor
gung schriftlicher Arbeiten verwandt worden war, ver
flossen sind, trifft dort die Ordre ein, daß zwei Artille
risten noch zum Schlachtfelde gesandt werden müßten.
Das bezügliche Kommando erhalten Landwehrleute. Der
eine davon erfährt seine Bestimmung, als er sich mit
Hövelmann und einigen Kameraden, unter Zugrunde-