Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

fenbart, fallen kaum Brosamen vom Tische des gewal 
tigen Bismark. In Nassau, Hannover, Kurhessen stand 
es mit diesen Dingen nicht hoch, im heutigen Preußen 
aber geht die Freiheit vorerst nicht einmal so weit. Al 
les gipfelt sich in der Vergötterung des siegreichen 
Kriegsherrn und in der Heiligsprechung des Soldaten 
rockes. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Baimz, 18. September. Unter den Ernte-Ergebnissen 
deS heurigen Jahres nimmt der Ertrag der Obstbäume 
einen hervorragenden Platz ein. Es wird selten einen 
Jahrgang gegeben haben, wo fast ausnahmsweise so viel 
Obst wuchs. Bedeutende Mengen davon gehen beson 
ders nach Vorarlberg, doch auch nach der Schweiz wurde 
viel verkaust. — Als eine ungewöhnliche Erscheinung 
mag es gelten, daß man in den Weinbergen bereits 
wieder Traubenansätze findet, die demnächst zur Blüthe, 
kommen werden. Der Weinstock selbst verspricht eine sehr 
reiche Ernte, doch sind ihm noch warme Tage zu wünschen. 
— Nach einer Bekanntmachung des ehemaligen Ge- 
neral-Agenten der »Nuova soeiets eommeroisle 
ä'^ssiouraxioni in Trieft" (Hr Albert Menz in 
Hohenems) hat diese Gesellschaft fallirt und kann sonach 
den Versicherten keinen Schadenersatz mehr leisten. Nicht 
zu verwechseln ist diese Firma mit den noch bestehenden 
Gesellschaften: z-Kiumooe aäriatiea" und „^ssieurasioni 
Kenerali". 
Vorarlberg. Die Feldk. Ztg. berichtet unter dem 
17. September über die Auflösung der in Vorarlberg 
angeworbenen Freiwilligen.- 
„Die Vorfalle, welche bei der Zurückkunft und Auf 
lösung der hier angeworbenen Freiwilligentruppe (etwa 
3l) Mann) unsere Stadt letzten Mittwoch zum Schau 
platze hatten, wurden, wie sich herausstellt, dadurch her 
vorgerufen, daß die Mannschaft aufgelöst werden sollte, 
ohne daß sie den in Punkt 9 lit. e. der Assentirungs- 
bedingungen zugesicherten Beschuhungsbeitrag von 3 fl. 
per Mann und die daselbst !il. 6. versprochene dreitägige 
Besoldungsgebühr erhalten hatte. Vormittags 11 Uhr 
war die Mannschaft vor dem Bezirksamtsgebäude dahier 
aufgestellt und erhielt von ihrem Kommandanten, einem 
tiroler Lieutenant, die Mittheilung, daß sie aufgelöst sei. 
Wie man uns erzählt, bemerkte hierauf ein Mann, daß 
sie noch die vorhin bezeichneten Rückstände zu fordern 
hätten, welche Bemerkung vom Lieutenant in eigenthüm 
lichem Style beantwortet worden sei. Die unfreundliche 
Stimmung der Mannschaft nahm von Minute zu Mi 
nute zu und äußerte sich in den derbsten Ausdrücken. 
Da wurde zur Herstellung der Ruhe die Gendarmerie, 
zwei Mann, herbeigerufen und wurden auch zwei der 
ärgsten Schreier der Freiwilligen verhaftet. Das goß 
Oel ins Feuer; die Freiwilligen sprengten die Thür und 
befreiten die Verhafteten. Sehr zweckmäßig war es, 
daß die Gendarmen, die sich übrigens mit ungemeiner 
Besonnenheit und Kaltblütigkeit benahmen, von den 
Freiwilligen wegbeordert wurden, indem dadurch mögli 
cherweise blutige Unglücksfälle verhütet wurden. Den 
Freiwilligen wurde dann mitgetheilt, daß in ihrer An 
gelegenheit nach Innsbruck telegraphirt werde, worauf 
sich dieselben Mittags vom Bezirksamte weg zerstreuten. 
Nachmittags 3 Ühr begann sich eine große Anzahl 
Freiwilliger vor dem Bezirksamte wieder zu sammeln. 
Einige darunter waren durch den Genuß von ^pirituo- 
sen in einen bedenklichen Zustand versetzt. Als immer 
noch keine Antwort von Innsbruck kam, so begann das 
Lärmen und Toben erst recht und führte bald zu Schlä 
gereien unter den Freiwilligen selbst. Da manche von 
ihnen, mit Zaunstecken und Knitteln bewaffnet waren, 
so ist es völlig ein Wunder, daß es ohne schwere Ver 
wundungen ablief. Diese Vorfälle ließen mit Grund 
fürchten, daß es noch schlimmer werden könnte, und da 
entschloß sich der Herr Bürgermeister Frz. Ganahl, das 
erforderliche Geld zur Bezahlung der Leute aus der 
Stadtkasse vorzuschießen. Gegen 5 Uhr — von Inns 
bruck war trotz nochmaligen Telegravhirens noch immer 
keine Antwort da — konnten die Leute in Folge der 
Intervention des Bürgermeisters befriedigt werden, wo 
rauf die Skandale ein Ende hatten. Gegen 6 Uhr — 
sage sechs Uhr — kam endlich von Innsbruck der tele 
graphische Bescheid, daß die Bezahlung der Freiwilligen 
erfolgen könne. Wie die ganze Angelegenheit so kommen 
konnte, darüber wurden im Publikum Vermuthungen 
aufgestellt, wie sie nachgerade von unbezahlten Ohren 
überall genugsam gehört werden können. Abends und 
Tags darauf wurden dann 8 Freiwillige verhaftet. Da 
sie ihren Abschied noch nicht in den Händen hatten, un 
terstehen sie der Militärjurisdiktt'on. — Zur Sicherheit der 
Stadt hielt das Steigerkorps der Feuerwehr von Mitt 
woch auf Donnerstag freiwillig Nachtwache mit Pa- 
trouillirungen. 
Für die Zukunft Deutschlands hat der Nürnberger 
Anzeiger folgende Alternative aufgestellt. Verstehe Preu 
ßen, seinen Sieg zu benutzen, dann werde sich unter sei 
ner Leitung allmälig ein Staatenbund bilden, der Süd 
deutschland mit Einschluß des deutschen Oestreich, aber 
auch die Schweiz, Holland, Elsaß und Lothringen um 
fasse. Verstehe aber Preußen seine Aufgabe nicht, dann 
werde sich Westeuropa zu einem Bund von Freistaaten 
nach nordamerikanischem Vorbild vereinigen. So etwas 
kann man nur vom Binnenlande aus schreiben, wo man 
die Stimmungen und die Eigenthümlichkeiten der Grenz 
nachbarn nicht kennt. Es scheint uns, daß die deutsche 
Eircheitsmanie durch die preußische Annectirungssucht einen 
empfindlichen Schlag bekommen, der sie am Ende noch 
zur Besinnung bringen könnte. 
Vom Rhein, den 28. August. Der einzige Sohn 
des Gastwirths und Oekonomen Hövelmann in Fanten 
trat während der Mobilmachung bei der Artillerie in 
Münster seine einjährige Dienstzeit an. Als die ersten 
vierzehn Tage, während welcher er vielfach zur Besor 
gung schriftlicher Arbeiten verwandt worden war, ver 
flossen sind, trifft dort die Ordre ein, daß zwei Artille 
risten noch zum Schlachtfelde gesandt werden müßten. 
Das bezügliche Kommando erhalten Landwehrleute. Der 
eine davon erfährt seine Bestimmung, als er sich mit 
Hövelmann und einigen Kameraden, unter Zugrunde-
	        

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