Liechtensteiner Kandeszeitung.
Vierter ^akrSanS.
Vaduz, Samstag
Nro. ZK.
3. Februar 1866.
Dieses Blatt erscheint in der Regel monatlich Zmal und kostet ganzjährig t ff. S<> kr. Einriickun«<getühr für die gespal
tene Zeile 4 Nkr Man bestellt die Zeitung in Vaduz bei der Redaction — in Feldkirch bei der löbl Wagner'schen Buch
handlung oder bei der k. k. Post, Die Redaktion besorgt auch Bestellungen aus das liechtenst. Lande«gesetzv>att.
Der Ginkauf in das Gemeinde
bürg errecht.
Nach dem §. 23 der neuen Gemeindeordnung erfolgt
die Aufnahme in das Bürgerrecht durch einen Beschluß
der Gemeindeversammlung. Es kann die Aufnahme
unentgeltich oder gegen eine bestimmte Einkaufssumme
geschehen. Nach der alten Gemeindeordnung wurde die
Einkaufssumme von Fall zu Fall bestimmt, d. h. man
ließ den um 600 st. den A. um tWO fl. sich ein
kaufen, je nach dem der Einkäufer bei der Gemeinde in
Gnade stand. Das neue Gesetz bestimmt, daß der
ständige GemeinderÄH die Einkaufssumme festsetzt; diese
soll dann für alle Einkäufer gelten Es wird in die
ser und jener Gemeinde viel politisirt, ob das der Sinn
des Gesetzes sei, oder ob der Einkauf auch jetzt noch
bald hoch, bald nieder gestellt werden könne. Unseres
Wissens wollte man im neuen Gesetz dieser willkürlichen
Feststellung entgegenarbeiten: Der Einkauf soll für
Alle gleich sein; deshalb wurde die Feststellung
dem Gemeinderath zugetheilt. — Wird aber dieser
Zweck erreicht? — Es ist die Antwort sehr zweifelhaft.
Nach §. 23, Ziffer <4, kann ja die Aufnahme auch un
entgeltich erfolgen. Das wird aber nur durch Be
schluß der Gemeindeversammlung geschehen können.
Kann die Gemeindeversammlung den ganzen Einkauf
nachlassen, muß sie auch das Recht haben, bald den
ganzen, bald den halben oder Drittels-Einkauf nachzu
lassen. Und damit sind wir wieder bei der alten Will
kür— Es wird in diesem Punkte nur langsam voran
gehen. Mehr Toleranz und weniger Engherzigkeit können
nur helfen. Man ist da ungeheuer ängstlich, die Gemeinde
vor der Last verarmter Bürger zu wahren. Aber kön
nen nicht auch eingeborne Bürger verarmen? — Und
was'sind in vielen Fällen die großen Wohlthaten, die
dem verarmten Bürger zukommen? — Da gehen viele
auf ein Pfund. Gar oft sind diejenigen, welche sich
in fremden Gemeinden einbürgern wollen, gerade recht
strebsame, spekulative Köpfe, fleißige und betriebsame
Leute, die sicher etwas vor sich bringen, oder schon be
sitzen. — Man höre was anderwärts geschieht. In
der preußischen Stadt Danzig betrugen die Einkaufs
taren alljährlich 18,060 fl., vom Jahre. 1866 sind sie
aufgehoben, der Einkauf ist frei! Und doch wie groß
artig sind die Wohsthätigkeitsanstalten und der Gemein
denutzen einer solchen Stadt, an Spitälern, Stiftungen,
Schulen zc. ? Die Danziger werden trotzdem nicht schlech
ter fahren; durch den Zuwachs an fleißigen Bürgern
hebt sich der Wohlstand ver Stadt und die Steuerkraft.
Je mehr Bürger zum Zahlen, desto leichter werden die
Lasten für den Einzelnen.
Rundschau.
Die spanische Revolution ist dem Anscheine
nach schon wieder beendigt. Der Anstifter, General
Prim, hat sich an seinen Genossen verrechnet und mußte,
während diese unthätig blieben, mit seinen wenigen
hundert Soldaten auf portugiesisches Gebiet flüchten.
Von Portugal hat er sich nach England begeben. Für
die Königin von Spanien, welche ihrer Niederkunst
entgegensah (sie ist eines Prinzleins genesen), mögen die
letzten Tage sehr ernste Stunden gebracht haben.
Der große Wetterprophet in Paris öffnet seinen
Mund und alle Welt lauscht seiner Rede. Die fran
zösischen Kammern (Abgeordnete) sind wieder versam
melt. Napoleon liebt es bei solchen Gelegenheiten
der Welt Räthsel aufzugeben. Seit dem Jahre 1859
wo Napoleon bei einer ähnlichen Gelegenheit den ita
lienischen Krieg mit Oestreich in Aussicht stellte, ist man
auf die napoleonischen Festreden jedesmal ängstlich ge
spannt. Ist wieder ein Wetter im Anzug, oder weis
sagt er Frieden? So fragt man sich. Diesmal spricht
er: Der Friede scheint überall gesichert zu sein; denn
überall sucht man nach Mitteln, um die Schwierigkei
ten auf gütlichem Wege zu lösen, anstatt ffe mit den
Waffen zu durchschneiden. — Napoleon spricht auch
von den gute^n Beziehungen zu Deutschland. DieS
Wort Deutschland in dem Munde Napoleons ist eine
bedeutungsvolle Thatsache. Der feine Diplomat spricht
nicht von Oestreich und nicht von Prenßen; der geogra
phische Begriff „Deutschland" scheint sich zu verkörpern.
Napoleon muß Anzeichen verspüren, daß es in Deutsch
land gährt, und daß dieses Land in Bälde mehr bedeu
ten wird, als ein Kapitel im geographischen Lehrbuch.
Das stimmt auch mit der Bemerkung der größten Zei
tung des Erdballs, der Londoner „Times". „Aller
Wahrscheinlichkeit nach", schreibt diese, „werden die
Staaten des deutschen Bundes in den nächsten zehn
Jahren mehr als etwas anderes die Aufmerksamkeit Eu
ropas in Anspruch nehmen. Große Dinge werden
sich wahrscheinlich unter ihnen begeben, weil auf diesem
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