Liechtensteiner Kandeszeitnng.
Vierter ^allrKsuK.
Vaduz, Samstag Rro. R8. 21. Juli 18K6.
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Landtagsverhandlungen.
5. Sitzung, Vaduz am 48. Juli 1866.
Der Abgeordnete Keßler ist abwesend.
In heutiger Sitzung kam zuerst eine Mittheilung der
f. Regierung zur Kenntniß des Landtags, wonach infolge
einer höchsten Nachricht Sr. Durchlaucht Hochdes-
selben Ankunft auf Seiner Besitzung zu Balzers
zu erwarten stehe und daß Se. Durchlaucht mehrere
Tage im Fürstenthume verweilen werde. Sodann wird
folgendes Schreiben des f. Regierungskommissärs an den
Präsidenten verlesen: „Euer Hochwohlgeboren eröffne ich
hiemit, daß Seine Durchlaucht neuerlich den AuSmarsch
des liechtenstein'schen HauptcontingenteS anzuordnen ge
ruhten, die Bestimmung des Tages seines Abmarsches
aber sich noch vorbehielten, indem Höchstdieselben beab
sichtigen, noch im Lanfe dieser Woche das Fürstenthum
zu besuchen und bei dieser Gelegenheit die Truppe zu
inspiziren.
Zugleich gebe ich mir Ehre, Euer Hochwohlgeboren
zur eigenen Wissenschaft eine Abschrift des Gesandtschaft
schreibens vom 4. d. M. mitzutheilen, aus welchen zu
entnehmen ist, daß die höchste Verfügung Seiner Durch
laucht im Einklänge mit den Beschlüssen des Bundes
über die Mobilmachung und Verwendung des liechten
steinischen Contingentes erfolgte.
Endlich bin ich zur Mittheilung ermächtiget, daß Seine
Durchlaucht in gewohnter Gnade gewillt sind, die durch
den Ausmarsch des Contingentes auflaufenden Kosten
mit Ausnahme jener, welche die Mobilmachung desselben
nothwendig machte, aus höchsteigenen Mitteln zu be
streikn und daß ich zu diesem Behufe zur Behebung ei
ner Summe bis zum Betrage von 20,000 fl. ö. W. er
mächtiget wurde.
Empfangen Euer Hochwohlgeboren die erneuerte Ver-
ficherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.
Vaduz, am 16. Juli 1866.
Hausen.
Der Präsident macht hierauf der Versammlung den
Vorschlag, bei dieser erfreulichen Gelegenheit wolle der
Landtag eine Adresse an Seine Durchlaucht richten und
zur Vorberathung über diesen Gegenstand eine Commis
sion erwählen. Dieser Vorschlag wird einstimmig zum
Beschluß erhoben und als Commisstonsmitglieder werden
gewählt: Schädler mit 12, Fischer 11, Gmelch 10,
Erni 10 und Wanger 8 Stimmen. Die Commission
unterbreitet Nachmittag 2 Uhr dem Landtag folgenden
Entwurf einer Adresse an den Landesfürsten:
Euere Durchlaucht!
Gnädigster Fürst und Herr!
Die allergetreueste Landesvertretung nahet sich E. D.,
um die Huldigung des Landes darzubringen und Hoch-
dieselben aufs herzlichste Willkommen zu heißen.
Das Volk ist hocherfreut über die Anwesenheit des
Souveräns im Lande. Es ist erfüllt vom wärmsten
Danke gegen den hochherzigen Geber der LandeS-Ver-
fassung.
Das treue Festhalten an diesem Grundgesetze, der echt
constitutionelle Geist in allen Regierungshandlungen E.
D. verbunden mit vielfältiger gnädiger Unterstützung der
Volkswohlfahrt und namentlich der Jugendbildung haben
E. D. in dem Herzen deS Volkes ein unvergängliches
Denkmal gesetzt.
E. D.! Eine schwere Zeit liegt auf unserem deutsches
Gesammtvaterlande. Ein unseliger Bruderkrieg verwüstet
seine Fluren und viele Tausende seiner hoffnungsvollen
Söhne liegen blutend am Boden. Unser Land blieb bis
jetzt noch verschont von den Schlägen des Krieges. Mit
wahrhaft väterlichem Wohlwollen sistirten E. D. noch
im letzten Augenblick den AuSmarsch unseres Kontingents.
Wohl selten wurde eine höchste Entschließung E. D. mit
so allgemeiner Theilnahme und so warmem Dankgefühle
vom Volke aufgenommen.
Die Landesvertretung vertraut auch ferner dem weisen
und gütigen Ermessen E. D. und bittet, daß Hochdie-
selben den Ausmarsch des Contingents nur im Falle der
äußersten Nothwendigkeit zu verwirklichen geruhen wollen.
Denn die Landesvertretung kann sich der Besorgnisse
nicht erwehren, welche sich aufdrängen bei dem Gedanken
an die Unsicherheit des Ausgangs der kriegerischen Wir
ren, bei der Ratlosigkeit im bundesstaatlichen Lager und
bei der Erwägung, daß unser Land durch eine aktive
Theilnahme am Kampfe sowohl in seiner Selbständigkeit
gefährdet, als den schwersten Bedrückungen ausgesetzt
werden könnte. Zudem ist ein baldiger Friedensschluß
in Aussicht.
Wir hoffen, daß die Gefahren des Augenblicks einer
glücklicheren Lage Deutschlands weichen werden, und daß
die innere Selbständigkeit unseres Landes im Verein mit
derjenigen der übrigen BundeSstaaten eine dauernde Ga
rantie finden möge in einer volkstümlichen Reugestal
tung der Bundesverfassung.