Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

Liechtensteiner -Landet,zeitung. 
Vierter «IaIii'^.1 
Vaduz. Samstag Rro. SÄ. 16. Juni 186k. 
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Vaduz, 13. Juni. 
Die schleswig-holstein'schen Händel legten den Grund 
zur östreichisch - preußischen Freundschaft und nun sind 
sie der Zankapfel zwischen ihnen geworden. Auf die 
österreichische Einberufung der holsteinischen Stände mar- 
schirten die in Schleswig stehenden preußischen Truppen 
nach Holstein, - um die Oestreicher, etwa 3000 Mann, 
hinauszudrängen. Der berühmte Großsprecher Man- 
teuffel war auch sofort zur Stelle um die Regierung für 
Preußen in die Hand zu nehmen. Die Stände-Mit 
glieder, welche auf den in Jtzehoe zusammengekom 
men waren, durften nicht tagen; der Regierungsrath 
Lesser wurde arretirt und von einem preinßischen Haupt 
manne nach Rendsburg transportirt. Gablenz, der öst 
reichische Statthalter, verließ mit seinen Truppen Hol 
stein, nachdem er noch gegen die preußische Besitznahme 
— protestirt hatte. Durch diesen Rückzug der Oest 
reicher ist Preußen mit emem Schlage in den Alleinbe 
sitz der Herzogtümer gelangt, und nachdem es dieses 
Ziel erreicht hat, kann es ruhig zusehen, ob Oestreich 
den Kampf beginnen werde. Dieses wird aber um so 
weniger den Angriff machen, da es ja die Entscheidung 
der Herzogthümerfrage dem Bunde zuweist. Wenn wir 
aber die Elemente dieser Körperschaft mustern, so will 
eS uns nicht dünken, als ob sich ein Beschluß auf Bun- 
deserekution durchsetzen ließe. Auf alle Fälle war das 
Vorgehen Oestreichs ein meisterhafter Schachzug in 
Rücksicht auf seine eigene Lage. . Es bleibt dem deutschen 
Bunde überlassen, die Kastanien aus dem Feuer zu ho 
len. Sehen wir zu, ob der im Stande ist, sich auf den 
Beinen zu halten. 
Der Bund muß den rebellischen Friedensbrecher zur 
Ordnung treiben, wenn er Lebensfähigkeit hat. Hoffen 
wir dies ! Denn der Bund muß aufrecht bleibey, wenn 
nicht Gesammtdeutschland in östreichischen und preußi 
schen Provinzen aufgehen soll. Man will im übrigen 
Deutschland nichts wissen von Preußen und nichts von 
Oestreich, aber eine Bundesmacht will das Volk,, die 
im Stande ist, sich Gehorsam zu verschaffen in dem 
Bereiche der Rechte, die ihr zustchen; die abxr jedem 
Staate seine Eigenthümlichkeit läßt und die Freiheit, daß 
sich dessen bürgerliche Gesetze und Einrichtungen den 
Gewohnheiten seiner Bewohner anpassen dürfen. Wir 
wollen keine Oberpräsidenten, keine Präfekten! T)aS 
wäre der Tod der Freiheit. Hat ja die Schweiz und 
Hat Nprdgmeri.kg eM stsrke Bundesgewalt bei so größer 
Selbstständigkeit der Eantone im Innern. Und sogar 
das englische Staatsleben ist auf eine derartige Selbst 
ständigkeit kleinerer Bezirke oder Gauen (Grafschaften) 
gegründet. Schon hat sich die Nachäfferei der französi 
schen Staatsmaschinerie allzutief gesetzt in den größern 
Mittelstaaten. Es ist an der Zeit, diesem Unwesen ein 
Ziel zu stecken durch die Rückgabe der Selbstverwaltung 
an die Kreise, Bezirksverbände und Gemeinden. Ein 
Umsichgreifen der preußischen Annerationsgelüste, ein Auf 
gehen einzelner Staaten in größeren dringt unvermeid 
liche Centralisation. 
Wie wir zu einer solchen Bundesgewalt kommen, 
das vermag kein Sterblicher vorauszusehen. Wie ist 
eine solche BundeSgewalt mit Nationalvertretung denk 
bar neben einem Kaiser von Oestreich und König von 
Preußen und den Volksvertretungen ihrer Länder? Ge 
lingt es, daß sich die übrigen Staaten zu einem enge 
ren Verbände einigen, vermögen es die Monarchen die 
ser Staaten, ihre Militärherrlichkeit dran zu geben und 
alles das, was die Macht dieser Vereinigung schädigen 
könnte: dann ist ein großer Schritt, vielleicht der einzig 
mögliche zur Einheit gethan. Dieser engere Bund ist 
kein Sonderbund, er hemmt nicht die Einigkeit mit den 
beiden Großstaaten, sondern er bahnt ihr die Wege unv 
ist im Stande gegebenen Falls sie zu erzwingen. 
Die Stellung der übrigen deutschen Staaten zu 
Oestreich ist noch nicht klar. Man traut der Wiener 
Politik nicht, weil sie nicht frei und unverhohlen zur 
liberalen Sache hält. Schöne Worte wurden schon viele 
gesprochen, man will einmal Thaten! Hätte Oestreich 
den Länderschacher mit Preußen nicht getrieben, hätte es 
den Bund immer respektirt, ganz Deutschland fiel ihm 
jetzt begeistert zu. So aber anerkennt man zwar sein 
gutes Recht, man rühmt die endliche Umkehr zum Bun- 
deSrecht: allein man ist zurückhaltend. 
Am Bundestag Protestiren Oestreich und Preußen 
gegenseitig gegen die vertragswidrigen Handlungen deS 
Andern. Preußen gesteht die Reglung der Streitfrage 
nur einem Parlament zu, während Oestreich heute den 
Bund dazu berechtigt hält. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Oestreich. Am 4. Juni tagte in Götzis eine Ver 
sammlung, welche die Statuten einer Viehversiche- 
rungs-Anstalt für Vorarlberg feststellte. — Im ganzen
	        

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