Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

Neutralität von allen Staaten, besonders Frankreich, an 
erkannt werde. Die franzöjlfchen Cantone dürsten leicht 
bedroht n?erden. Der Bundesrats hat bereits Rüstun 
gen in Aussicht genommen. In Graubünden und Tes- 
sin soll eine Beobachtungstruppe aufgestellt werden. Auf 
die Pferdeausfuhr ist ein Zoll von 400 Fr. per Stück 
gelegt. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Vaduz am 20. Mai. Nach Pankraz und Servaz 
glaubte man bisher den Weinstock vor Spätfrösten sicher. 
Die alte Regel ist vom heurigen Mai vollständig Lügen 
gestraft, oder der Kalender ist um 8 Tage zurück. Seit 
dem 18. hatten wir einige sehr starke Fröste mit Reif 
und Eis, wodurch wohl mehr als die Halste der Wein 
trauben zerstört und die jungen Triebe ertödtet wurden. 
Türken, Kartoffeln, Erbsen sind bis zum Erdboden er 
froren; das Wachsthum der Früchte steht still, indem 
die seit 8 Tagen herrschenden kalten austrocknenden 
Winde die Entwicklung völlig darniederhalten. 
— Es ist.nun auch die Holzausfuhr nach der 
Schweiz verboten. 
— Die Vieheinfuhr von der Schweiz ist durch 
eine neuere Kundmachung der hchf. Regierung wlQer 
freigegeben, mit Ausnahme solcher Thiere, welche aus 
Orten kommen, in welchen die Seuche herrscht. 
Das kampfgerüstete östr. Heer ist in 2 Abtheilungen 
aufgestellt. Die Nordarmee (in Böhmen, Mähren, 
Schlesien) unter Benedek mit dem Hauptquartier Par- 
dubitz zählt 35 Brigaden, jede von 7500 Mann> also 
im Ganzen 380,000 Mann mit 500 Geschützen. Die 
italienische Arme zählt 130.000 M., von denen 
80—90,000 bestimmt sind, ins Feld zu rücken; der Rest 
bildet die Besatzung der Festungen. Außerdem werden 
Reserven und Freiwilligen-Corps aufgestellt, alles zu 
sammen an 800,000 Mann. 
— Die preußische Armee auf dem Kriegsfuße 
zählt über 350,000 Mann mit 864 bespanntenGeschützen; 
dieBesatzungstruppen>!54,000 Mann. Schon beginnt der 
Aufmarsch der preußischen Armee. Die Spitze scheint 
nach dem Winkel gerichtet, wo die Grenzen von Sachsen, 
Böhmen und Preußen sich berühren, bei Görlitz. Hinter 
diesem Punkt, in Sorau, wird Prinz Friedrich Karl (von 
Mifsunde her bekannt) sein Hauptquartier aufschlagen. 
— Die Kriegsstärke der Mittelstaaten beziffert sich: 
Bayern ca. 160,000, Sachsen 25,000, Würtemberg 
28,000, Baden 18,000, Darmstadt 1!,700, Nassau 
6000, Kurhessen 8000, Hannover etwas über 25,000 
Mann. 
Die Getreideausfuhr nach Deutschland (Zoll 
verein), Schweiz, Italien ist von der östr. Regierung 
verboten. Diese Maßregel wird nicht günstig beurtheilt. 
Infolge der reichen Ernte des vorigen Jahres liegen 
ungeheuere Vorräthe in Ungarn aufgespeichert, mehr als 
für den eigenen Bedarf von Gesammtöstreich. Durch 
das Verbot ist dem Landmann seine ganze Einnahms 
quelle abgeschnitten, wodurch die Geldnoth unter der 
Bevölkerung nur noch empfindlicher wird. Die Schweiz 
fürchtet, es möchte auch Bayern. Würtemberg bald Aus 
fuhrverbote erlassen, und es müßte alsdann eine rasche 
Steigerung der Getrewepreise erfolgen. In Glarus ist 
das Brod schon um 2 Rappen pr. Pfd. in die Höbe 
gegangen. Auch Vorarlberg und Liechtenstein sind dabei 
betheiligt, weil sie ihre Brodfrüchte aus Süddeutschland 
beziehen. Jedoch ist es möglich, daß vielleicht directe 
Sendungen aus Ungarn auf Transitweg gemacht wer 
den. — Oestreich hätte die Getreidefrage vortheilhafter 
durch Auflage eines Ausfuhrzolls erledigen können. Bei 
dem niedern Stande der Banknoten wären trotzdem viele 
Ankäufe gemacht worden und dem Staate eine schöne 
Einnahme zugeflossen. — So eben bringt die Feldk.Ztg. 
vom 23. bereits die Kunde, daß in Vorarlberg die Ge 
müther schon ängstlich besorgt sind über die Wirkung des 
Getreideausfuhrverbotes. „Der Magistrat von Bre- 
genz hat deßhalb sich an den Landesausschuß gewendet. 
Man fürchtet, daß der Bregenzer Kornmarkt hiedurch 
völlig ruinirt werde, und wenn der Zollverein seinerseits 
ebenfalls die Ausfuhr aufhebe, daß Vorarlberg in Ge 
fahr sei, von aller Zufuhr abgeschnitten zu werden. 
Wollte man ungarisches Getreide im Transit beziehen, 
so stellt sich der Metzen (2 Viertel) um 85 kr. höher 
als aus Süddeutschland bezogen. Jetzt schon ist die 
Frucht wegen des gestiegenen Agios theurer; dazu kommt 
die Stockung der Fabrikation, welche Umstände zusammen 
das Schlimmste, selbst Ruhestörungen befürchten lassen. 
Die Beschwerdeschrift des Bregenzer Magistrats erinnert 
an die Kornsperre von 1847 mit ihren heillosen Wir 
kungen, und zeigt, daß der Getreidebezug über den Arl- 
berg vielfach erschwert sei. Der Kornmarkt in Bregenz 
ist daher ein unumgängliches Bedürfniß für das Land 
und sollte die Regierung schon im Interesse der Auf 
rechthaltung der Ruhe und Ordnung auf dessen Erhal 
tung bedacht sein. Der Stadtmagistrat stellt an den 
Landesausschuß, die gesetzliche Vertretung des Landes, 
die Bitte, derselbe wolle sich bei der Regierung dahin 
verwenden, daß 1) eine Ausnahme für Bregenz derart 
gemacht werde, daß das Getreide auf der Bregenzer 
Schranne keinem Ausfuhrverbot unterliege; 2) sei der 
hierländischen Bevölkerung die Versicherung zu gewäh 
ren, daß von Seite des Zollvereins kein Gegenausfuhr 
verbot zu befürchten sei; 3) sei im schlimmsten Falle 
Vorsorge zu treffen, daß der Transit östreichischen Ge 
treides nach Bregenz ungehindert sei. 
Der Landesausschuß, stets rasch zur Hand, wo eS 
gilt, das Interesse und das Wohl Vorarlbergs zu wah 
ren und zu schützen, beschloß sofort, die Vorstellung des 
Stadtmagistrates bei Sr. Durchlaucht dem Fürsten-Statt 
halter Namens des ganzen Landes auf das nachdrück 
lichste zu befürworten, ferner, daß schlimmsten Falles bei 
Bayern und Würtemberg die ungehinderte Ausfuhr deS 
Wochenbedarfes (9000 Metzen Getreide) erwirkt werden 
wolle. Das Befürwortungsschreiben des Landesausschus- 
seS schließt mit der Bemerkung, daß theils zur Beruhi 
gung der Bevölkerung, theils zur Aufrechthaltung der 
sicheren Befahrung des Marktes die größte Eile noch 
thue und die rascheste Erledigung der Vorstellung er 
wünscht sei."
	        

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