Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

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fernere Einhebung den Rechtszuständen der Gegenwart 
nicht mehr entspricht. . . 
Die weitern Regierungsvorlagen betreffen em Rekrutl- 
rungsgesetz und ein Gesetz zum Schutze gewerblicher 
Marken. Ersteres empfehle ich insbesondere Ihrer ein 
gehenden Berathung. 
Hiemit erklare Ich den Landtag für eröffnet und spreche 
schließlich noch den Wunsch aus, daß Sie, geehrte Ab 
geordnete, Ihre Berathungen in der Art beschleunigen 
wollen, damit der von Mir bestellte LandtagS-Commissär 
in der Lage sei, Meine Entschließung über die gefaßten 
Beschlüsse der Landesvertretung innerhalb der in der 
Landesverfassung angedeuteten Frist einzuholen. 
Wien, am 5. Mai 1866. 
Johann. 
Der f. Negierungscommissär überreicht nun als Ge 
setzvorlagen: 1. den Entwurf eines Rekrutirungsgesetzes, 
2. den Entwurf eines Gesetzes zum Markenschutze der 
Gewerbtreibenden. — Ferner gelangt in Einkauf ein 
Gesuch des Landeskassaverwalttrs Fr. Urbanek um 
Gehaltszulage. 
Nachdem nun die neu eintretenden Mitglieder die ge 
setzliche Angelobung in die Hand des Präsidenten ge 
macht haben, erinnert der Präsident in wenigen Worten 
an die Obliegenheiten des übernommenen Amtes und 
schließt mit einem dreimaligen Hoch auf Se. Durchlaucht. 
Es erübrigt nun noch die Wahl einer Gesetzgebungs- 
commission Ehe zur Wahl geschritten wurde, gelangte 
noch ein Antrag der f. Regierung zur Annahme: 
Der Landtag beschließt, es sei aus seiner Mitte eine 
Commission von 5 Mitgliedern zu wählen, welche sich 
jetzt schon mit der fürstlichen Regierung über die Frage 
zu benehmen habe, wie in dem Falle, als auch an das 
Fürstenthum die Forderung der Leistung außerordentlicher 
Bundespflichten gestellt werden sollte, wegen Aufbringung 
der hiezu nothwendigen Geldmittel vorzugehen wäre. Die 
diesfältigen Berathungen seien möglichst zu beschleunigen 
und Hätte der Commissionsbericht jedenfalls einen Ge 
genstand der Tagesordnung der nächsten Landtagssitzung 
zu bilden. 
In die Gesetzgebungscommission werden alsdann er 
wählt: Schädler mit 12, Keßler 11, Kirchthaler 
10, Marrer 10 und Wanger 8 Stimmen. 
Zur Berichterstattung über den eben eingebrachten An 
trag der f. Regierung erwählt der Landtag: Schädler 
mit 11, Kirchthaler 11, Wanger 10, Marrerg 
und Kind 7 Stimmen. 
Somit waren ^die vorliegenden Geschäfte der Tages 
ordnung erledigt und die Sitzung wird geschlossen. 
Rundschau. 
Als Preußen und Oestreich übereingekommen waren 
„abzurüsten", da glaubte man nun sei alle Kriegsgefahr 
verschwunden. Die Täuschung dauerte nur wenige Ta 
ge. Bismarck will einmal den Krieg um jeden Preis, 
und hatte schon Sorge getragen, daß Oestreich von ei 
ner andern Seite in die Enge gebracht werde. Italien 
steht seit Monaten mit Preußen wegen eines Bündnisses 
in Unterhandlungen. Oestreich bemerkte nicht, daß sich 
des italienischen Volkes eine förmliche Kriegswuth be 
mächtigte und gewahrte nun mit Ueberraschung die um 
fassenden Kriegsvorbereitungen in Oberitalien. 
Da verlangt Bismarck, Oestreich dürfe auch in Ita 
lien keine Schutzmaßregeln ergreifen; die Italiener seien 
gute Freunde Preußens, es dürfe sie nicht angreifen las 
sen. In Wien aber fand diese erbärmliche Zumuthung 
Bismarcks kein Gehör — das hatte Bismarck erwartet 
und alsbald läßt er die ganze preußische Armee auf 
Kriegsfuß stellen angeblich um die Feinde niederzuhalten, 
welche Preußen von allen Seiten bedrohen! So unver 
schämt wie Bismark hat man der Welt noch selten vor 
gelogen. 
Man sieht in ganz Deutschland in dem Vorgeben 
Bismarks nur das Bestreben, eine gute Gelegenheit zum 
Kriege zu bekommen, um einen oder den andern Bun 
desstaat preußisch machen zu können. Am meisten ist 
das Königreich Sachsen bedroht, an seinen Grenzen ste 
hen mehrere preußische Armeen — es kostet einen Fe 
derzug und das kleine Königreich hat aufgehört. Des 
halb verlangt es vom Bunde, er möge Preußen zur Ruhe 
verweisen, da kein Bundesglied das andere bekriegen 
dürfe. Um den Streit zu schlichten, sei der Bundestag. 
Dieser Antrag wurde vom Bundestage angenommen, 
aber nur mit 10 gegen 5 Stimmen. Preußen erklärte, 
der Beschluß geht mich nichts an, wenn Sachsen und 
Oestreich an meinen Grenzen nicht abrüsten, so werde 
ich thun, was mir gut dünkt. Nach diesem Beschlusse 
hat sich Deutschland bereits in 2 Hälften (Süd und 
Nord) getheilt: Baiern, Würtemberg, Baden, Nassau, 
Darmstadt, Hannover und Thüringen mit Sachsen. Han 
nover wird mit Braunschweig in die preußische Presse 
genommen werden und einen schönen Lohn für ihre Ab 
stimmung erhalten. 
Die Folgen des Kriegs machen sich in schrecklicher 
Weise geltend. Die Geldleute in England und Frank 
reich sind von einem Todesschrecken befallen. In Eng 
land steht der Zinsfuß auf 10 "/g, die östreichischen und 
italienischen Staatsschuldscheine sind so gesunken, daß 
man von ersteren um einige 40 und von letztern gar 
um 38 das 100 kaufen konnte. Oestreich vermehrt sei 
ne Banknoten um 150 Millionen und das Agio der 
Banknoten ist furchtbar in die Höhe gegangen. Auch 
Italien hat Papiergeld bekommen, am ersten Tage schon 
mit 8 v/g Agio und die sonst so gern genommenen preu 
ßischen Thalerscheine gelten anstatt 1 fl. 45 nur noch 
t st. 39. Rothschild löste alle seine Thalerscheine aus 
und zog sein Geld (man spricht von 5 Mill. Thaler) 
aus der preußischen Bank zurück. Es brauchte einen 
ganzen Bahnzug um das Silber von Berlin nach Frank 
furt zu schaffen. — Die Unkosten der preußischen Kriegs 
rüstungen gehen ins Fabelhaste. Wenn die ganze Ar 
mee auf den Beinen steht, rechnet man täglich l/. Mill. 
Thaler, also jährlich 180 Mill. Das wird Preußen 
ebensogut in Schulden bringen als seine Gegner; daß 
man kein unbedingtes Vertrauen zu Preußens Zahlungs 
fähigkeit hat, zeigt eben der allmachtige Rothschild.
	        

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