Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

Liechtensteiner Äandeszeitung 
Vierter ^alirKavK. 
Vaduz, Samstag 
Rro. S. 
20. Jänner 1'866. 
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* Die Wewerbsanmeldungen. 
Das neue Gewerbegesetz ist mit 1. Janner d. I. in 
Kraft getreten. Nach Artikel 2 des Einführungsgesetzes 
haben alle Gewerbtreibende des Fürstenthums, welche 
noch nicht gleich den Handelsleuten und Gastwirthen im 
Besitze von Gewerbsverleihungsdekrcten sich befinden, je 
doch ihre dermalige Beschäftigung selbständig fortzufüh 
ren beabsichtigen, den Fortbetrieb bei der Vorstehung 
ihres Aufenthaltsortes anzumelden, welche denselben hier 
über eine amtliche Bestätigung auszufertigen hat. Wer 
nicht im Besitze einer solchen Anmeldungsbestätigung ist, 
hat keine Berichtigung, die bisher betriebene Beschäfti 
gung weiterhin selbständig fortzusetzen. In den meisten 
Gemeinden haben sich nur sehr wenige Gewerbsleute 
zum selbständigen Fortbetrieb ihres Gewerbes gemeldet, 
was offenbar seinen Grund in einer irrigen Auffassung 
des Gesetzes hat. Man scheint darüber im Zweifel zu 
sein, was nach dem Gewerbegesetz als Gewerbe anzuse 
hen sei. Das Gesetz stellt nun allerdings keine Defini 
tion über Gewerbe auf; allein es bestimmt in Art. 5 
auf welche Beschäftigungen und Unternehmungen die 
Gewerbordnung keine Anwendung findet. 
Unter Gewerbe muß man also jede Hanthierung ver 
stehen, welche im gewöhnlichen Leben als Gewerbe be 
zeichnet, und nach dem Einführungsgesetz nicht ausdrück 
lich ausgeschlossen wird. Maurer- und Zinnnermanns- 
arbeit gilt überall als Gewerbe und es kommt weiter 
nicht darauf an, ob der Maurer und Zimmermann 
auch noch Oekonomie treibt, wie es hier im Lande ge 
wöhnlich der Fall ist. Auch der Fabrikant kann Grund 
besitzer sein, und doch wird Niemand behaupten, daß er 
deswegen nicht auch zn den Gewerbtreibenden gehöre. 
Auch das hat keine Bedeutung für die Gewerbsanmel- 
dung, ob der Gewerbtreibende im Taglohn oder im Ak 
kord arbeite, ob er das halbe oder ganze Jahr Arbeit 
habe. Dagegen ist nach Art. 5 des Einführungsgesetzes 
lit. 6. die Lohnarbeit der gemeinsten Art (Taglöhnerar- 
beit) ausgeschlossen. Unter Lohnarbeit der gemeinsten 
Art versteht das Gesetz aber nicht die Taglohnsarbeit 
des Gewerbsmannes, sondern der NichtHandwerker.' z.B. 
den taglöhnenden Feldarbeiter, Holzscheiter und Wäscher 
innen u. s. w. Die entgeldliche Arbeit der Nätherinnen 
gilt überall als Gewerbe. 
Jeder, der ein Gewerbe selbständig betreiben will, hat 
sich anzunelden; dann kann er wie bisher im Lande sein 
Gewerbe betreiben. Meldet er sich nicht an, so darf er 
sein Gewerbe nicht selbständig betreiben ohne sich der in 
§. 64 des Gesetzes angedrohten Strafe auszusetzen; er 
kann nur als Gehilfe (Gesell) eines andern arbeiten. 
Diejenigen, welche ihr Gewerbe nur im Ausland, z. B. 
in der Schweiz, betreiben wollen, brauchen sich selbst 
verständlich hier nicht anzumelden; will aber z. B. ein 
Maurer oder Zimmermann, der den Sommer in der 
Schweiz zubringt, im Frühjahr oder Herbst auch im Lande 
sein Handwerk selbständig treiben, so muß er sich hier 
melden. Die als selbständig gewerbtreibende in dq? 
Gewerberegister eingetragenen Personen haben auch den 
Vortheil, daß ihre ordnungsmäßig geführten Aufschreib 
bücher in.streitigen Fällen einen halben Beweis machen. 
Die angemeldeten Gewerbsleute werden allerdings in die 
Gewerbsteuer gezogen werden. Allein hiebei entscheidet 
der größere oder kleinere jährliche Verdienst; die Gewerb 
treibenden der niedrigsten Steuerklasse bezahlen jährlich 
nur 50 Nkr.; ein Steuerbetrag, der wohl Niemanden 
abhalten kann sich als selbständig Gewerbtreibenden ein 
tragen zu lassen. 
Rundschau. 
Seit längerer Zeit schon wurden in Spanien Zeichen 
fichtbar, welche eine bedeutende Unzufriedenheit nach un 
ten, und Schwäche und Ratlosigkeit in der Regierung 
vermuthen ließen. Ein Militäraufstand oder besser eine 
Revolution ist nun zum Ausbruch gekommen. Die Em 
pörer sollen beabsichtigen die Königin Jsabella vom 
Throne zu stoßen und das Land mit Portugal zu seinem 
einzigen Staate zu vereinigen; also ein ähnliches Vor 
haben, wie es in Italien bereits ausgeführt wurde. Die 
Zustände in Spanien sind in jeder Beziehung sehr trau 
rig; das Volk ist ungebildet, Industrie und Landbau 
liegen darnieder. Das Land ist verarmt, eine gewaltige 
Schuldenmasse, große Steuern bedrücken das Volk. Einst 
war Spanien reich und angesehen, als,die Schätze des 
neuentdeckten Amerika's in seine Kassen flössen, und ihm 
die südamerikanischen Kolonien zinsbar waren. Allein 
der Glanz war ein trügerischer, mit dem Reichthum wuchs 
das Laster, der LuruS, keineswegs aber die Gesittung 
und Bildung des Volks. Spanien wird zwar konstitu> 
tionell regiert, aber dieses konstitutionelle Leben m§g 
eine, ganz andere- Gestalt haben, als wir es uns vor 
stellen: wenn es hoch geht, so ist's ein Regiment einzel 
ner Parteiführer oder mächtiger Familien, das Volk 
oder die Massen scheinen äußerst wenig Theil zu nehmen
	        

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