Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

ten sie — er seine Kuh nicht erkennen und sie werde 
seiner Leitung folgen. Gedacht, — gethan! Einer trat 
ans Fenster, klopfte daran und bat den endlich erwach 
ten Hausbesitzer, er möge ihm helfen, eine am Markte 
gekaufte störrige Kuh zu führen; mit dem Trinkgelde 
werde er zufrieden sein. Dieser, hoch erfreut, eine Ge 
legenheit zu finden, wo er sich etwas verdienen könne, 
kleidete sich hastig an und führte in der That eine ge 
raume Strecke weit die Kuh, welche nun ganz ruhig 
ihrem Führer folgte. Endlich als sie weit genng zu 
sein glaubten?, gaben sie ihm einige Silbergroschen und 
er kehrte vergnügt nach Hause zurück. Daselbst ange 
langt, fiel es ihm ein, nach seiner Kuh zu sehen — und 
siehe da! der Stall war leer. Er kam zur Einsicht, 
daß er selbst seine Kuh zu stehlen geholfen hatte, — aber 
es war zu spät; seine Verfolgung der Diebe war frucht 
los. Tief betrübt mußte er umkehren, seinen Unstern 
verwünschend. Einige Stunden vergingen und der 
Schlaf schloß wieder seine thränenfeuchten Augen. Plötz- ^ 
lich erweckt ihn ein lautes Gebrüll, das vom Stalle her 
überschallt. Er steht eilends auf, stiegt zum Stall und 
erblickt zu seinem größten Erstaunen vor der Stallthür 
eine Kuh, die den Kopf mit einem Mantel verhüllt 
hatte. Er nimmt ihr den unliebsamen Schleier, an dem^ 
sie hin und her zerrt, herunter und erkennt — seine 
Kuh, welche vor Ermüdung kaum noch zu keuchen ver 
mochte! Er prüft den Mantel und findet darin in ei 
ner Tasche 20 Thaler, allerdings ein artiges Trinkgeld 
für den ausgestandenen Schrecken! 
Ein Hamburger Bürger stellte den Antrag auf Erlaß 
eines Gesetzes, welches jedem Hamburger das Tragen 
von Orden verdiete. Nur durch Bewahrung echt re 
publikanisch einfacher Sitte könne Hamburg feine Unab 
hängigkeit bewahren. Unabhängig wolle es bleiben, so 
lange es nicht in einem geeinigten Deutschland aufgehen 
werde. 
Schweiz. Im Kanton Schaffhausen wurde die Ein 
kaufstare ins Kantonsbürgerrecht auf 1(10 Fr. für einen 
Schweizer und auf 400 Fr. für einen Fremden herab« 
gesetzt. Bisher mußte ein Fremder 800 Fr. zahlen. — 
In Chur wird nächsten Mai ein Denkmal für den 
Dichter Salis aufgestellt. — Glarnerische In 
dustrie. In sämmtlichen Etablissements sind gegen 
wärtig laut Jnspektionsben'cht 10,002 Arbeiter thätig, 
darunter 3799 männliche über 16 Jahren und 723 unter 
16 Jahren, und 4471 weibliche über 16 Jahren und 
1009 unter 16 Jahren. Das Vermögen der Alterskusse 
für Fabrikarbeiter in Glarus ist auf Fr. 134,710. 35 
angestiegen. — Gewiß eine seltene Merkwürdigkeit dieses 
Winters ist, daß am 22. Februar in einem Baumgarten 
zu Seengen im Aargau heuriges, schönes Gras gemäht 
wurde. — Bisthum Basel. Laut dem „Echo" zir- 
kulirt in, der Stadt Solothurn und Umgebung eine Bei 
leids, und Ergebenheitsadresse an den hochw. Bischof 
EugeniuS; auch soll die Pfarrgeistlichkeit des Leberbergs 
und der Wasseramtei bereits eine ähnliche Adresse unter 
zeichnet haben (siehe vor. Nr. „Religionsstreit"). — Die 
Vereinigten Schweizerbahnen haben im Jahre 
1865 per Kilometer (^ Meile) 966 Fr. ertragen, 1864 
nur 835 Ars. ^ In der Schweiz soll ein Erzbisthum 
errichtet werden. — Das Pfarramt in Gams ersucht um 
milde Gaben für die Abgebrannten in Gafenz bei 
Gams. Der Schaden wird auf 33,000 Frs. geschätzt. 
— In Laufen, bei Schaffhausen, soll ein herunter 
gekommener Notar sein eigenes Töchterlein mißbraucht 
haben. Es habe dies einem Geistlichen gebeichtet und 
sei nachher am Nervenfieber gestorben. Auf Anzeige des 
Geistlichen wurde die Leiche ausgegraben und es fand 
sich nicht nur diese Schandthat bestätigt, sondern es sei 
auch Gift gefunden Horden. — In der Gemeinde Bit 
ter 6 hat ein Arzt in einem geschlachteten Schweine 
Trichinen gefunden, laut Bündner Volksztg. — Ein 
Basler ließ eine neue Kirche bauen und seine Wittwe 
stiftete 75,000 Frs. zum Unterhalte derselben. Ein sel 
tenes Beispiel bürgerlichen Edelsinns. — In der Ge 
meinde Schwanden (Glarus) wurden durch Gemeinde 
beschluß alle Schindeldächer abgeschafft. 
In Frankreich klagen die Bauern über niedrige 
Getreidepreise und Mangel an Absatz. Es ist daher 
in der Kammer der Antrag gestellt worden, einen Zoll 
von 2 Franken auf den Hektoliter Korn zu setzen, sobald 
dessen Preis unter 20 Franks falle. Es ist die alte 
Geschichte von den fetten und magern Jahren zu Zeiten 
Pharaos. Verkauft der Bauer seine Frucht theuer, so 
klagen die Arbeiter über theures Brod; essen die Arbeiter 
wohlfeiles Brod, so klagen die Bauern über Geldmangel. 
Die Lehre des klugen Joseph ist vergessen. — Ein Pa 
riser Theatersänger hat jöhrlich 90,000 Fr. Besoldung. 
Der französische Hauptmann Boquet, der vor zwei 
Jahren Feuer auf die päpstlichen Dragoner geben ließ, 
begab sich vor einigen Tagen mit andern Offizieren nach 
dem Vatikan, um von dem Papste, wie es häufig vor 
kommt, beim Einsteigen in den Wagen Heiligenbilder 
und Jndulgenzen unterzeichnen zu lassen. Der Papst 
erkannte den ihm so feindseligen Offizier auf der Stelle, 
nahm das Bild und schrieb darunter die Worte des Herrn 
an Judas: ^.miee, aä quiä venisti? d. h., Freund, wozu 
bist du gekommen? und gab es zurück. Der kleine Vor 
fall hat großes Aufsehen gemacht. 
Die freiwilligen Beiträge zur Tilgung der italienischen 
Staatsschulden fließen äußerst reichlich. Gegen eine so 
ungeheure Schuldenmasse verschwinden vielleicht diese 
Gaben. Aber sie offenbaren einen Patriotismus, der 
von allen Völkern bewundert wird. Sogar Arbeiter 
(selbst in den neapolitanischen Provinzen, welchen man 
doch keine große Zuneigung für die Piemontesen zuschreibt) 
legen ihr Schärflein auf den Altar des Vaterlandes. 
Auch ein Venetianer, früher ein Dichter, jetzt ein reicher 
Mann, zeichnete ^ Million Franken. Im Venetianischen 
scheint eine Stimmung zu herrschen, wie seiner Zeit in 
Schleswig-Holstein. Die östreichische Regierung erntet 
keinen Dank, sie mag versuchen, was sie will. — In 
den öffentlichen Büchersammlungen Italiens sind über 
4 Millionen Bücher aufgestellt. 
In Schottland ist eine Seuche unter den Schafen 
auSgebrochen, welche ebenso verheerend sei, als die Vieh 
seuche. — Die Rinderpest soll auch in Polen auSge 
brochen sein. 
In einem Briefe aus Norda merika heißt es: „Un 
sere öffentlichen Angelegenheiten sind sehr interessant. Die
	        

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