Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

Liechtensteiner Kandeszeitung. 
Vierter »saiirKanK. 
Vaduz, Samstag 
Rro. G. 
10. März 1866. 
Dieses Blatt erscheint m der Regel monatlich 3inal und kostet ganzjährig > fl. s>> kr. Einrückungsgebühr für die gespal 
tene Zeile » Nkr Man bestellt die Zeitung in Vaduz bei der Redaktion - in Feldkirch bei der löbl, Waaner'schen Buch. 
Handlung oder »e> der k. k. Post. Die Redaktion besorgt adch Bestellungen auf das liechtenst. Landesgesetzblatt. 

Landschaftliche Feueraffekuranz. 
N. Ein Artikel vom Eschnerberg in der letzten 
Nummer dieses Blattes bringt einen etwas sonderbaren 
freilich gutgemeinten Vorschlag zur Gründung einer 
landschaftlichen Feuerassekuranz, worin zugleich das 
Mittel gefunden sein soll, dem kapitalb'edürftigen Land 
mann Hülfe zu schaffen. Der Verfasser jenes Artikels 
meint zwei Fliegen mit einem Schlage zu treffen. Wir 
sind der Meinung, daß er nicht nur nicht zwei Fliegen mit 
Einem Schlage, sondern gar keine trifft. Der Gedanke 
an die Möglichkeit großer Brandschäden, wenn sie auch 
nur selten sind, muß von Assekuranzen, welche kleine 
Länder errichten wollen, abschrecken. Nur die Konkurrenz 
Vieler trägt ohne Ruin eine höhere Last, während die 
Konkurrenz Weniger so große Lasten herbei führen kann, 
daß die Abgebrannten besser daran sind als die Ver- 
schontgebliebenen. Diese Erfahrung hat man bereits in 
verschiedenen Ländern gemacht, und wir können dem 
Beschlusse des Vorarlberger Landtages auf Errichtung 
einer eigenen Assekuranz durchaus keinen Beifall zollen. 
Er ist offenbar hervorgerufen durch die mangelhaste 
Verwaltung der bisher gemeinschaftlichen tirolisch-vorarl- 
bergischen Brandassekuranz und die gegenwärtig.in Oe 
sterreich herrschende Kronlandtrennungösucht. Aber auch 
zugegeben, daß für Vorarlberg eine eigene Assekuranz 
wirklich zweckmäßig sei, so folgt, was übrigens der Ur 
heber des genannten Artikels selbst fühlt, noch gar nicht, 
daß es auch für Lichtenstein gut sei, eine eigene Asse 
kuranz zu haben, da beive Länder in Bezug auf Größe 
in gar keinem Verhältnisse stehen. 
Die zu errichtende eigene Assekuranz müßte doch im 
mer auf größere oder kleinere jährliche Unglücksfälle ge 
faßt sein, und vom Augenblick der Errichtung an prompteste 
Entschädigung leisten. Ohne einen großen Vorschußfond 
könnte die Anstalt gar nicht in's Leben treten, sonst wäre 
sie im ersten Fall zahlungsunfähig. Zuerst Beiträge 
von den Theilnehmern erheben zur Bildung eines Fonds 
wie der Urheber jenes Artikels meint, nur erst Entschä- 
digung geben, wenn man kann, würde der Gerechtigkeit 
zuwiderlaufen. Leistung und Gegenleistung müssen sich 
decken, und wenn man von einer Versicherungsanstalt 
reden will, müssen die Teilnehmer vom Augenblick ihres 
Eintritts in die Anstalt, Entschädigung erhalten. Der 
Einsender jenes Artikels meint, größere BrandunglückS- 
sälle kommen selten vor. Im Jahre 1864 sind auf 
Schönenbühl 6 Ansässigkeiten abgebrannt; der Brand 
schaden wurde auf 17,000 fl. geschätzt. Also nur 6 Hau 
ser sammt Stallungen u. s. w. sind abgebrannt, und 
der Schaden belief sich doch auf die sehr erhebliche 
Summe von 17,000 ist. Ein solcher Fall könnte im 
ersten Jahre des Bestehens einer Liebten steinischen Brand 
assekuranz eintreten. Es kann Jeder leicht ermessen, wel 
chen Schlag ein solcher Fall der landschaftlichen Anstalt 
hätte versetzen müssen. Die Jahresumlage auf die lich- 
tensteinischen Hausbesitzer wäre hoch zu stehen gekom 
men. Eine Brandsteuer von 17,000 fl. wäre sehr fühl 
bar gewesen. 
Bei der tirolischen Anstalt, die wir jedoch hiemit 
keineswegs als Muster aufstellen, sondern nur anführen 
wollen weil sie bisher auch bei uns Landesanstalt war 
und auf Gegenseitigkeit gegründet ist, machte in einem 
40jährigen Zeitraum der durchschnittliche jährliche Betrag 
16 für 100 ö. W., der niederste Betrag 1^ ö. W., 
der höchste im Jahre 1861 belief sich auf 46^ ö. W. 
Kann wohl Jemand glauben, daß die Theilnehmer einer 
Lichtensteinifchm Anstalt sich günstiger stellen würden. 
Und wären die Theilnehmer auch wirklich gesichert? Die 
Antwort hierauf ergiebt sich aus dem bisher Gesagten von 
selbst. Die Anstalt wäre voraussichtlich nicht im Stande 
den jeweils Abgebrannten, gehörige und prompte Ent 
schädigung zu leisten. Und nun soll sie auch noch dem 
geldsuchenden Landmann mit Kapitalien aushelfen l Hätte 
die Anstalt auch zeitweilig baares Geld, so könnte sie 
es nur in solchen Effekten anlegen, welche nach Bedarf 
sofort realisirbar wären, was bei Schuldverschreibungen 
kleiner Grundbesitzer bekanntermaßen nicht der Fall ist. 
Es würde also auch der weitere von dem Einsender je 
nes Artikels gehoffte Zweck nicht erreicht werden. Eine 
Waare, die man im Inland nicht herbeibringen kann, 
muß man eben im Ausland kaufen; da wir eine eigene 
Assekuranz in unserem Ländchen nicht errichten können, 
müssen wir auswärtige Anstalten benutzen. Dafür, daß 
wir das große Risiko einer solchen Anstalt ganz oder 
doch cheilweise auf Andere übertragen, müssen wir uns, 
wie es anderwärts geschieht etwas kosten, und uns ei 
nen Tribut an das Ausland gefallen lassen. 
Regierung und Landtag Lichtensteins haben in der 
letzten Session die Frage über eine eigene Assekuranz in 
Erwägung gezogen, sind aber zu der in §. 65 der geu- 
erpolizeigesetze niedergelegten Ansicht gelangt, daß es für 
das Land besser sei, das Versicherungswesen gut fundir- 
t 
!
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.